Bericht über ein Gefecht bei Gazi (28.9.1914)

Ende September nahm der Kampf um die nordöstliche Grenze an Schärfe zu. Die Deutschen waren durch ihre Agenten in Kenia über die Ankunft großer indischer Truppenkontingente bestens informiert. Was sie nicht einschätzen konnten, war die Kampfkraft dieser Truppen. Patrouillen wie die im Bericht beschriebene sollten Klarheit bringen. Der Bericht birgt wenig neue Einsichten: er beschreibt eines der vielen Patrouillenunternehmungen, die die Deutschen auf britische Gebiet führten. Er illustriert aber deutlich, dass die Deutschen relativ gut abschätzen konnten, dass die Briten, wenn sie denn angreifen wollten, es hier tun würden: An der nordwestlichen Küste, wo die deutschen Patrouillen immer wieder auf größere Abteilungen der Briten stießen. Die Einschätzung des Offiziers über die Kampfkraft des Gegners war für die britische Seite wenig vorteilhaft. Bereits in diesen frühen Tagen des Krieges wird deutlich, dass die Deutschen – auch wenn der Bericht auf einige Probleme hinweist, die sie bei der Abstimmung ihrer Truppen hatten – auf die Kampfweise, die diesen Krieg bestimmen sollte, besser vorbereitet waren. 



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Bericht über das am 28. 9. 14 stattgehabte Gefecht bei Gazi.

Führer: Leutnant Schreiner.
Gegner: Etwa 36 Europäer, 210 Askaris, 4 Maschinengewehre.
Bataillons-Befehl: „Klären Sie mit Ihrem Zuge gegen den Lamisi auf, wohin sich heute Nacht (26. 27. 9.) der bisher in Majoreni gestandene Gegner zurückgezogen haben soll, und kommen Sie morgen nach Majoreni zurück. In ein ernstes Gefecht sollen Sic sich nicht einlassen.
gez. Baumstark.
Truppeneinteilung: Leutnannt Schreiner, Unteroffizier d. R. Wilbers, 6 schwarze Chargen, 41 Askaris.

Bericht

Am 27. 9. 400 nachm, erhielt ich in Majoreni den Erkundungsauftrag. Ich brach um 4.30 nachm. auf, indem ich die kurz vorher von den Engländern frisch ausgeschlagene Strasse Majoreni-Faray-Gazi benutzte, überschritt den Makwembe, marschierte durch die Landschaft Pongwe und gelangte nach 3 stündigem Marsch

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an einen Fluss, den mir der mitgenommene eingeborene Führer als den Lamisi bezeichnet und über den in kurzen Abständen 4 Brücken führen sollten. Da das Gelände von der l. Brücke ab dichter Busch war und ich meine Abteilung nicht in der Nacht einem plötzlichen Zusammenstoss mit wahrscheinlich überlegenem Gegner aussetzen wollte, lagerte ich mit der Abteilung selbst dicht südlich des Flusses, stellte an der 1. Brücke einen Doppelposten und schob bis zur 4., nördlichsten Brücke, die 20 Minuten von der Brücke entfernt war, einen Unteroffizier-Posten mit dem Europäer vor. Vor diesem Unteroffizier-Posten schob ich noch zur weiteren Sicherheit eine stehende Patrouille von 3 Mann auf dem Wege etwa 10 Minuten weiter vor. Im Rücken sicherte ich mich durch einen Doppel-Posten, der auf dem von der Hauptstrasse nach Shimoni abzweigenden Wege stand. Den Lagerplatz selbst wählte ich etwas abseits vom Wege im Gebüsch und sicherte ihn durch 3 Posten vor Gewehr in Front und Flanken.
An dem nach Shimoni abzweigenden Wege hatte der Feind in der Nacht vom 26./27. 9. gelagert, anscheinend die von Shimoni zurückgegangene Abteilung. Am 28. 9. 4.00 vorm, marschierte ich weiter mit 1 Charge, 3 Askari als Patrouille vor der Front, dahinter mit 500 m Abstand 1 Charge und 6 Askari als Spitze, dem auf 50 m Abstand 2 Verbindungsleute folgten und auf weitere 50 m Abstand folgte ich mit dem Hauptteil meines Zuges. Mit 100 m Abstand liess ich 1 Charge und 4 Mann als Nachspitze folgen. Um 4.00 vorm, gelangte ich an einen verlassenen Lagerplatz, 10 Minuten später an einen grösseren Fluss mit steilen Uferrändern, der tatsächlich erst der Lamisi war, wie ich später mit Sicherheit feststellen konnte.

Brücken im Krieg: Hier die Deutschen beim Bau einer Brücke

Die Brücke über diesen Fluss war eben erst abgebrochen. Das Wasser war an der Uebergangsstelle morgen 5.00 nur 1 Fuss tief, später, 3.00 nachm., das doppelte und ein mir vom Bataillon nachgesandter Ombascha, der mittags um 12 Uhr den Fluss überschritten hatte, meldete, es sei ihm damals das Wasser bis zu den Hüften gegangen.

Eine provisorische Fähre über einen Fluss 

Auf dem östlichen Ufer dieses Flusses fand ich die Spuren eines höchstens vor ½ Stunden verlassenen, feindlichen Lagers. Der Feind hatte das östliche Ufer mit einem tiefeingeschnittenen
Schützengraben befestigt und auch eine Maschinengewehr-Stellung mit Schussrichtung auf die Uebergangsstelle ausgehoben. Aus der ganzen Verteidigungsanlage mit ihren eben verlassenen Spuren der Besetzung war ersichtlich, dass der Feind auf einen nächtlichen Angriff wahrscheinlich unserer ganzen Abteilung rechnete und uns einen warmen Empfang hatte bereiten wollen. Als meine vorausmarschierende Patrouille am westlichen Ufer erschien, verschwand am jenseitigen Ufer ein feindlicher Radfahrer (Europäer). Ich beschloss nun weiter in Richtung Gazi aufzu

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klaren und fesfzustellen, ob sich der Gegner bis dorth in zurückgezogen oder vorher eine Stellung gewählt hätte. An Herrn Hauptmann Baumstark sandte ich einen Radfahrer mit folgender Meldung ab: „An Bataillon Baumstark. Ab Lamisi 5.00 vorm. Habe am östlichen Ufer des Lamisi eben erst verlassenes feindliches Lager, durch Schützengräben verstärkt, vorgefunden. Gehe in Richtung Gazi weiter vor, um Verbleib des Feindes festzustellen.“
gez. Schreiner
Leutnant.
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Der Platz dieses Lagers scheint Feray zu sein. Die Eingeborenen bezeichneten ihn mit einem anderen Namen. Beim weiteren Vormarsche bemerkten wir um 700 vorm, etwa 10 mit Pfeilen und Bogen bewaffnete Eingeborene, die hinter meinem Zug dreinschlichen. Es gelang, drei davon festzunehmen. Diese sagten aus: Der Feind habe in Stärke von 6 Europäern und etwa 100 Indern heute Nacht am Lamisi gelagert, und sei um 3M vorm, weitermarschiert. In der Nacht vorher habe eine noch stärkere Abteilung ebenfalls dort gelagert. Es sei dies die Abteilung von Shimoni gewesen. Jetzt befinde sich der Feind in der Landschaft Msambweni. Etwa um 8.00 vorm. gelangte ich in die Gegend, wo die Landschaft Msambweni beginnt und der auf der Karte verzeichnete Fluss durch das M des Wortes Msambweni zum Meere verläuft. Das Gelände besteht hier aus zwei einander auf 600 m gegenüberliegenden, senkrecht zur Strasse sich hinziehenden Höhenrücken, dazwischen ein etwa 400 m breites Tal. In dem schmalen Flusslauf selbst befand sielt kein Wasser. Auf den südlichen Höhenrücken befand sich zu beiden Seiten der Strasse Busch und hohes Gras, das im Tal selbst auf der rechten Seite der Strasse etwa auf 150 200 m zurücktrat, wo sich ein parallel zur Strasse verlaufender Höhenrücken befand, von dem aus, wie ich später selbst sab, man gutes Schussfeld und freie Uebersicht auf die Strasse hatte.

Deutsche Truppen am Kilimanjaro 


Meine Spitze marschierte bereits den nördlichen Höhenrücken hinauf, die Verbindungsleute marschierten auf dem tiefsten Punkt des Tales, der Zug selbst marschierte den südlichen Höhenrücken hinab und war eben mit den vordersten 8 Mann über die Stelle hinausmarschiert, wo das hohe Gras von der Strasse nach rechts zurücktrat. Da bemerkten wir rechts etwa 30 feindliche Askari im hohen Grase stehend und nach meinem heranmarschierenden Zuge spähend; ob noch mehr Gegner dort versteckt lagen, konnte ich wegen des hohen Grases nicht feststellen, Entfernung etwa 150 m. Ich vermutete sofort einen Hinterhalt, machte mit dem Zuge kehrt,

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marschierte gedeckt etwa 300 m zurück und liess nach rechts ausschwärmen. Spitze und Verbindungsleute wurden durch Zuruf gewarnt, deckten sich sofort im hohen Gras und wurden dann zum Zuge zurückgenommen. Ausserdem schickte ich sofort eine Patrouille in meine rechte Flanke in Richtung der mich zuerst flankierenden feindlichen Askaris. Mit dem Glase konnte ich selbst folgendes erkennen: Auf dem nördlichen Höhenrücken lag, gut gedeckt, Stärke nicht genau feststellbar, zu beiden Seiten der Strasse eine Schützenlinie, darunter 5 Europäer erkennbar, Etwas weiter vorn sass auf einem Esel ein Europäer. Dieser schien sowohl nach den 30 Askaris, die in meiner Flanke aufgetaucht waren, zu spähen und Zeichen zu geben, ebenso nach rückwärts, wo die
Schützenlinie lag. Ferner sah ich, wie meine Patrouille vor der Front sich links seitwärts der Strasse auf 150 m an diesen Europäer herangeschlichen hatte, auf ihn feuerte, dieser vom Esel stürzte und von vorsichtig herbeieilenden Leuten zurückgeschleppt wurde, ebenso auch die Schützenlinie unauffällig verschwand.
Meine zurückkehrenden Patrouillen meldeten mir ausserdem, dass die anderen 30 Askaris seitwärts der Strasse nicht mehr zu finden seien. Anscheinend hatten sich diese Askaris schon in dem Moment geflüchtet, wo sie das Kehrtmachen meines Zuges bemerkten und ihrerseits eine Umgehung befürchteten. Da ich von meiner Spitze, besonders aber von der Patrouille, die den Europäer erschoss, keine Meldung über den auf dem nördlichen Höhenrücken liegenden Feind erhielt, entsandte ich nochmals eire Patrouille dorthin, die nach Verlauf einer halben Stunde mit der Meldung zurückkehrte, dass nichts mehr vom Feind zu sehen wäre. Ich marschierte nun hinter dem flankierenden Höhenrücken rechts herum, sah, dass die 30 flankierenden Askaris auf einem Wege gestanden waren, der später hinter dem nördlichen Höhenzuge mit der Hauptstrasse zusammentraf, erreichte dann wieder die Hauptstrasse, erkannte zu beiden Seiten der Strasse die Spuren der feindlichen Stellung mit 1 Maschinengewehr auf der Strasse, stiess dann auf meine Patrouille und bekam nun Meldung, dass sie einen Europäer auf einem Esel abgeschossen und etwa weitere 30 – 40 Askaris, 5 Europäer und 1 Maschinengewehr weiter hinten in Stellung gesehen hätte. Die übrigen 30 Askaris in meiner rechten Flanke hätten sie nicht bemerkt, wohl aber später, als die übrigen feindlichen Askari alle nach dem Erschiessen des Europäers eilig zurückgegangen wären.
Wegen der Stärke des Feindes, den sie dann im Ganzen auf 60 indische Askaris geschätzt hätten, wären sie nicht zurückgegangen, sondern hätten sich bloss im Gebüsch versteckt. Den Esel des
erschossenen Europäers erbeuteten sie dann während der Flucht

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des Feindes, dem sie eine Zeitlang in gemessenem Abstand gefolgt wären. Ich marschierte nun in der gleichen Weise wie vorher mit Marschsicherung weiter, fand unterwegs noch 2 im Stiche gelassene Räder und 1 vollständiges Feldbett und ersah aus fortgeworfenen Gegenständen, wie Drahtseil, und anderen Spuren, dass der Feind sich, anscheinend den Anmarsch einer grösseren Abteilung befürchtend, in eiliger Flucht zurückgezogen hatte. Ausserdem waren scheinbar einzelne Träger und Askaris des Feindes einfach vom Wege links ins Pori geflüchtet. Da ich diese seitlich führenden Spuren erst erkunden musste, wurde ich bei meinem Vormarsche ziemlich aufgehalten. Auch musste ich mehrere Dörfer absuchen. Beim weiterem Vormarsche griffen wir einen feindlichen Träger, der meine Vermutungen bestätigte und aussagte, dass sich der Feind in Stärke von 5 Europäern, 1 Maschinengewehr und 60 indischen Askari und 30 Trägern fluchtähnlich auf Gazi zurückzöge, einen toten Europäer bei sich trüge, und dass bereits am Abend vorher eine noch grössere Abteilung dorthin marschiert sei.

Eine deutsche Patrouille

Die Spuren der flüchtenden Abteilung führten plötzlich alle ins Pori. Auf der Hauptstrasse waren keine frischen Spuren mehr zu sehen. Ich liess nun mein Reittier, einige Lasten und Träger, Boys und die erbeuteten Sachen nebst den gefangenen Leuten unter dem Europäer, der nicht mehr gut marschieren konnte, zurück und folgte diesen Spuren, die aber bald die Hauptstrasse abkürzend wieder darauf zurückführten. Von meiner vorausmarschierenden Patrouille erhielt ich nun etwa um 10.30 vorm., als ich bereits wieder ½ Stunde lang die Hauptstrasse verfolgt hatte und bis 1 km südlich des Flusses gelangt war, der 3 km südlich Gazi ins Meer mündet, die Meldung, dass sie den Feind wieder entdeckt hätten. Ich eilte vor und sah auf einem steilen Höhenrücken, 800 m von meinem Platze entfernt, etwa 50 feindliche Askaris in langer Linie stehend, scheinbar mit Ausheben einer Stellung beschäftigt, dicht dahinter einen geschlossenen Haufen von mindestens 100 Mann und 30 Europäern. Es konnte sich diese Abteilung aber auch gerade auf einer Marschpause befinden. Vor mir, auf 200 m, befand sich zu beiden Seiten des Weges eine Palmenreihe, hinter der sich scheinbar das Gelände zum Flusse senkte. Links von mir erstreckte sich bis zu jener Höhe ein tiefes, mit dichtem Gebüsch bewachsenes Tal und unübersichtliches Gelände.
Ich liess nun meinen Zug in Deckung ausschwärmen, 2 Gruppen rechts, 3 Gruppen links des Weges, Visier stellen, ging dann 200 m vor und eröffnete auf 800 m Entfernung das Feuer auf die geschlossene Abteilung auf dem Berge. Durch das Glas konnte ich

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gut beobachtet, dass mindestens 2 Europäer und 10-20 Askari fielen. Der Gegner lief in großer Unordnung durcheinander, verschwand dann im Gebüsch, entwickelte Schützenlinie und eröffnete 10 Minuten nach Beginn meines Feuers mit sämtlichen Schützen und 3 Maschinengewehren das Feuer auf mich. Der Feind schien durch die Eröffnung meines Feuers vollständig überrascht worden zu sein und zunächst nicht zu wissen, woher das Feuer kam. Dann verschwendete er eine Menge Munition ohne jeglichen Erfolg. Denn die Geschosse gingen fast durchweg viel zu hoch oder zu kurz.
Nachdem das feindliche Feuer etwa eine Viertelstunde angedauert hatte, ließ ich zunächst die linke Hälfte meines Zuges zurückgehen. Durch ein längeres Verweilen im Gefecht hätte ich meinen Auftrag überschritten, ausserdem bot das vollständig unübersichtliche Gelände bis zu diesem Bergeshange und in meiner linken Flanke dem Gegner die Möglichkeit, mich zu umgehen. An einen Angriff meinerseits war der starken Stellung des Gegners nicht zu denken.
Während des Zurückgehens der linken Hälfte meines Zuges erhielt ich aus nur 200 m Entfernung Feuer von feindlichen Schützen und 1 Maschinengewehr. Das Feuer kam von der Abteilung der vor mir zurückgegangenen 6 Europäer und 60 Inder, die schon bei jener Abteilung am Berge vermutete, die aber in Wirklichkeit erst in jener Talsenkung südlich des Fllusses hinter der Palmenreihe kehrt gemacht hatte und nun rechts und links der Strasse ausgeschwärmt liegend, 1 Maschinengewehr auf der Straße in Stellung, mich unter Feuer nahm.
Ich ließ nun die linke Hälfte meines Zuges wieder in Stellung gehen und eröffnete, da das Feuer des Gegners auf dem Berge einerseits ohne Wirkung blieb, andererseits der dort nun gut gedeckte Gegner für meine mit 71- Gewehre bewaffneten Askari ein schweres, keinen Erfolg versprechendes Ziel bot, das Feuer nur auf den dicht vor mir zu beiden Seiten der Strasse liegenden Gegner.
Ich konnte gut bemerken, wie der das Maschinengewehr befehlende Europäer – 1 Inder bediente dasselbe – die Leute am Maschinengewehr und die Schützen zum Vorgehen zwingen wollte, wogegen diese sich sämtlich weigerten. Meine Wahrnehmung bestätigte auch 1 gute, schwarze Charge und 1 Askari, der früher in englischen Diensten stand und das englische Kommando zum Vorgehen gut verstand. Ferner konnte ich mit Sicherheit feststellen, dass der neben dem Maschinengewehr sitzende Europäer und mindestens 3 Askari fielen. Da das Feuer des Gegners, besonders des Maschinengewehrs, immer heftiger wurde – die Geschosse schlugen grösstenteils in meine Schützenlinie ein –, ein Vor -

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gehen meinerseits meinen Zug nur unnötigen Verlusten ausgesetzt hätte, ausserdem von der Abteilung am Berge irgend eine für mich unangenehme Tätigkeit zu erwarten war, endlich eingedenk, meines Auftrages, die Stellung des Gegners zu erkunden und mich in kein ernstliches Gefecht einzulassen, liess ich nach und nach in kleinen Abteilungen meine Leute zurückgehen, sammelte 1 km hinter der Feuerstellung meinen Zug und marschierte mit Patrouille vor der Front, Spitze, Hauptteil des Zuges, Nachspitze und Patrouille hinter der Front auf der grossen Strasse zurück. Während des Zurückgehens und nachdem ich schon mindestens 2 km zurückmarschiert war, schoss der Gegner andauernd aus seinen 2 Stellungen mit sämtlichen Schützen und Maschinengewehren hinter mir drein, was meine Askaris sehr belustigte und ausserdem ein Beweis von der Nervosität des Gegners war, der es mit einer grösseren Abteilung tun zu haben glaubte und ohne ein Ziel zu sehen oder zu erkunden, blindlings unter grosser Munitionsverschwendung darauf losschoss. Ich marschierte zunächst 2 Stunden zurück, machte eine kurze Rast und marschierte dann weiter bis zu dem noch 2 Stunden entfernten Lamisi. Auf diesem Rückmarsch stiess meine vorausmarschierende Patrouille noch auf eine feindliche Patrouille von 3 Mann, die aber sofort flüchtete und vielleicht nur Versprengte waren. Immerhin musste ich damit rechnen, das der Gegner versuchen wollte, mir am Lamisi den Rückzug abzuschneiden, was mich zu grösster Vorsicht beim Rückmarsch veranlasste. Etwa um 3.30 traf ich am Lamisi ein, an dem nichts vom Gegner zu sehen war, passierte nach weiteren 30 Minuten Marsch die 4 Brücken südwestlich dieses Flusses, sah nun bei Tageslicht, dass es kreekartige Flussläufe mit nur salzhaltigem Wasser waren, über die diese Brücken geschlagen waren. Nach weiteren 20 Minuten Marsch machte ich auf dem alten Lagerplatze der Engländer, wo die Strasse nach Schimoni abzweigt, eine Stunde Rast und marschierte dann nach Majoreni zurück, wo ich um 8.00 abends anlangte und wo ich von der dortigen Vorpostenkompagnie Weise aufgenommen wurde. Zum Hin- und Rückmarsch hatte ich etwa 14 Stunden Marsch gebraucht, nicht eingerechnet die Zeiten, die ich zum Absuchen der seitlich führenden Wege, für andere Aufenthalte, Gefecht und Rasten brauchte.
Auf dem W ege vom Lamisi bis etwa 3 Stunden nördlich davon gewahrte ich noch 3 frische Gräber, wahrscheinlich von bei Majoreni gefallenen Engländern. Auf dem ganzen Wege von Majoreni bis Gazi ist reichlich und gutes Süsswasser vorhanden, das Wasser im Lamisi selbst ist zwar leicht salzhaltig, aber doch gut trinkbar. Das Gelände ist teilweise dichter Busch oder hohes Gras zu beiden Seiten der Hauptstrasse, teils auf grössere Strecken bis auf 800 m übersichtlich und leicht gewellt. Ein wirklicher Berg erhebt sich

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erst auf dem nördlichen Ufer des Flusses 3 km südlich Gazi, wo die Hauptabteilung stand.
gez. Schreiner.
Leutnant in der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika.

Quelle: Deutsch-Ostafrika. Kaiserliches Gouvernement. Zusammenstellung der Berichte über die in den August, September, Oktober 1914 stattgefundenen Gefechte der Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika.  Morogoro: Regierungsdruckerei, n.d. [1914].

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