Mythos Nr. 2: Der Krieg war ein „sauberer“ Krieg
In den offiziellen
Geschichten des Krieges waren Übergriffe auf die Zivilbevölkerung
nie ein großes Thema. Die Briten veröffentlichten zwar einige
Berichte über deutsche Kriegsgefangenenlager in Ostafrika, aber da
ging es hauptsächlich um deutsche Vergehen gegen Europäer. Die
afrikanische Zivilbevölkerung tauchte in dieser Geschichte nicht
auf, der Krieg fand in einem Niemandsland statt. Über 300.000
Ostafrikaner sollen in diesem Krieg ihr Leben gelassen haben. Gezählt
hat die Opfer aber niemand. Es sind grobe Schätzungen, die Zahl der
Opfer dürfte weit höher gelegen haben. Besonders belgische und
deutsche Truppen machten sich zahlreicher Verbrechen gegen Zivilisten
schuldig. Massenvergewaltigungen, Zwangsprostitution, Entführungen,
willkürliche Erschießungen und Plünderungen gehörten zum Alltag
des Krieges. Solche Praktiken hatten in den Kolonialarmeen eine lange
Tradition und der Erste Weltkrieg änderte daran wenig. Wenige Belege
gibt es für britische Kriegsverbrechen. Allerdings rekrutierten die
Briten ab 1916 in großem Umfang Ostafrikaner aus den besetzten
Gebiet für Träger- und Arbeitsdienste. 100.000 bis 300.000
Ostafrikaner sollen den menschenunwürdigen Bedingungen dieses
Dienstes zum Opfer gefallen seien. Das war ein Verstoß gegen die
Haager Landkriegsordnung. Doch die Ostafrikaner lebten in einer
Grauzone des Völkerrechts. Sie waren zwar Untertanen des deutschen
Kaiserreichs, aber keine deutschen Staatsbürger.
Warum dieser Mythos?
Der Erste Weltkrieg war der erste Konflikt, in dem Kriegsverbrechen
ein bedeutendes Thema waren. Die Haager Landkriegsordnung war wenige
Jahre vor dem Krieg in kraft getreten. Die Alliierten machten
deutsche Kriegsverbrechen in Belgien und im Seekrieg zum Gegenstand
einer Kampagne gegen die Deutschen. In den Versailler Verhandlungen
gaben ihnen solche Vorwürfe gute Argumente für die Auflösung des
deutschen Kolonialreichs. Da passten Berichte von marodierenden und
vergewaltigenden belgischen Truppen oder Zwangsarbeit nicht ins Bild.
Auch die Deutschen, die sich gegen den Vorwurf als Kolonialmacht
versagt zu haben erbittert wehrten, waren nicht an einer Aufarbeitung
interessiert.
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