Der Bericht
schildert die ersten Kämpfe um den Grenzort Jassini. Anfang 1915
sollte dieser Ort Schauplatz größerer Kämpfe werden. Ende August
waren die Auseinandersetzungen zwischen Briten und Deutschen an der
Nordgrenze der deutschen Kolonie in der Regel noch von kleinen
Grenzscharmützeln geprägt, die kaum einer großangelegten Strategie
folgten. Sie dienten mehr dem Austesten der gegnerischen Kräfte. An
ihnen waren kaum mehr als 100 Soldaten beteiligt und sie dauerten nur
wenige Stunden oder gar Minuten. Doch diese Scharmützel etablierten
einen Alltag des Krieges, aus dem es kaum noch ein Zurück gab. Der
Streit zwischen Schnee und Lettow-Vorbeck war mittlerweile bis nach
Berlin vorgedrungen. Der Kolonialstaatsekretär Solfs aber leitete
die Telegramme der beiden Streithähne nicht an den Kaiser weiter.
Während Lettow-Vorbeck in Ostafrika Fakten schuf, änderte sich auch
in Berlin die Haltung zum Krieg in den Kolonien. Die Kolonien hatten
in den strategischen Plänen und Zielen des Kaiserreichs zu Beginn
des Krieges keine Rolle gespielt. Nun aber holte der
Kolonialstaatssekretär Solfs alte Pläne von einem deutschen
Mittelafrika aus der Schublade und brachte sie in die Diskussion um
die Kriegsziele des Kaiserreichs ein. Angesichts des Desinteresses
des deutschen Militärs an den überseeischen Kolonien grenzte es an
ein Wunder, dass diese Pläne Ende August es auf die Liste der
offiziellen Vorstellungen von einer deutschen Nachkriegsordnung
schafften. Lettow-Vorbeck konnte sich bestätigt fühlen. Sein
Triumph über Schnee aber wich im Laufe des Krieges einer
Ernüchterung. Von der Heimat kam kaum Unterstützung für seinen
Kampf in Ostafrika.
An den Kämpfen um
Jassini waren auf britischer Seite auch die Kings African Rifles
(KAR) beteiligt. Für viele Historiker des Ersten Weltkriegs spielten
die afrikanischen Soldaten auf britischer Seite erst in den letzten
zwei Jahren eine bedeutende Rolle. Der Gefechtsbericht deutet aber
daraufhin, dass die KAR zumindest in den ersten Wochen an Kämpfen
teilnahmen. Am 5. August diskutierte das britische Oberkommando seine
Strategie in Ostafrika und votierte für den Einsatz indischer
Truppen. Sie sollten die Hauptlast einer Ende August geplanten
Offensive tragen. Die ostafrikanischen Truppen hielten die
Militärstrategen in London für kaum geeignet in einem europäischen
Krieg zu fechten, auch wenn er auf afrikanischem Boden stattfand.
Seit der Meuterei ostafrikanischer Truppen in Uganda im Jahre 1897
hegten die Briten zudem starke Zweifel an der Loyalität ihrer
ostafrikanischen Soldaten. Es gab drei Bataillone der KAR, von denen
jeweils eines in Uganda, Kenia und in Nyasaland stationiert waren.
Insgesamt verfügten die Briten damit über 2319 Soldaten in
Ostafrika. In Kenia war die Situation besonders prekär. Kaum 150
Soldaten waren für die Verteidigung der Grenze zur deutschen Kolonie
verfügbar. Der Großteil des kenianischen Battalions war im Norden
auf einer Strafexpedition gegen aufständische Afrikaner.
Die Entscheidung für
indische Truppen war verbunden mit der Entscheidung für eine
Offensive. Auch in London änderten sich Ende August die Kriegsziele
in Ostafrika. Nun ging es nicht mehr nur um die Ausschaltung
deutscher Marinebasen und Kommunikationsstrukturen, sondern um eine
koloniale Neuaufteilung Ostafrikas. Der Kriegseintritt des
osmanischen Reiches aber verhinderte zunächst einmal die Verlegung
indischer Truppen nach Ostafrika. So hatten für einen kurzen
Zeitraum im August die Truppen Lettow-Vorbecks eine numerische
Überlegenheit über die Briten. Am 1. September war es damit aber
vorbei als die ersten Kontingente aus Indien in Mombasa eintrafen.
Der Bericht verweits
ganz am Ende auf eine Kompanie unter dem Kommando von Methner. Wir
können dabei mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass es sich
hierbei um die sogenannte „Araberkompanie“ handelte. Sie
unterstand dem stellvertretenden Gouverneur Wilhelm Methner, einem
der erfahrensten deutschen Kolonialbeamten in Ostafrika. In der
Kompanie dienten vor allem die Söhne der Küsteneliten. Da diese
ihre Ahnenlinien gerne auf arabische Vorfahren zurückführten,
galten sie bei den Deutschen gemeinhin als „Araber“. Das war eine
eher grobschlächtige Bezeichnung für eine Elite, die sowohl
afrikanische als auch arabische und persische Wurzeln hatte. Doch
diese Eliten waren für die Deutschen von enormer Bedeutung. Auf
ihrer Kooperation basierte die deutsche Herrschaft an der Küste und
auch vielerorts im Inneren, da sie vielfach die afrikanischen
Angestellten der kolonialen Verwaltung stellten. Die Aufstellung der
„Araberkompanie“ folgte daher eher politischen, denn
militärischen Überlegungen. Sie sollte diese Eliten an die
Deutschen binden.
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Bericht über das am 30. August stattgehabte Gefecht bei Jassini.
Führer: Oberleutnant Weise.
Gegner: 2
Maschinengewehre, 10—15 englische Europäer, 90
Askari.
Expeditionsbefehl: Sicherung der Grenze bei Moa.
Truppeneinteilung: Polizeiwachtmeister Galle, Sanitäts-Gehilfe Lange, 4 Europäer, 30 Polizeiaskari, 17 Knüppelaskari.
Expeditionsbefehl: Sicherung der Grenze bei Moa.
Truppeneinteilung: Polizeiwachtmeister Galle, Sanitäts-Gehilfe Lange, 4 Europäer, 30 Polizeiaskari, 17 Knüppelaskari.
gez. Weise,
Oberleutnant.
Bericht: Zum Schutze der deutschen Grenze bei Moa war vom Polizeiwachtmeister Galle Mitte August in Kiburule. etwa 4 km südwestlich Jassini, ein fortähnliches Erdwerk angelegt. Das Werk bot gegen Gewehrfeuer sicheren Schutz. Durch vorgetrie-
– 21 –
bene Patrouillen war
festgestellt, dass der Gegner in Wanga, etwa 4 km östlich Jassini,
jenseits der englischen Grenze, einen befestigten Grenzposten
aufgestellt hatte. Das massive Zollhaus in Wanga war zu diesem Zwecke
stark befestigt. Abgesehen von einigen Schüssen, die zwischen
beiderseitigen Patrouillen gewechselt wurden, wurde das Erdwerk
Kiburule vom Gegner nicht beunruhigt. Ein englischer Askari wurde auf
Patrouille abgeschossen. Zur Sicherung hatte das Werk eine Feldwache
auf Jassini vorgeschoben. Ich traf am 29. 8. in Kiburule ein und
übernahm das Kommando. Am 30. 8. 14 5.45 vorm, beschoss der Gegner
aus einer Stellung 500 m östlich Jassini die Feldwache in Jassini
mit einem Maschinengewehr. In der Maschinengewehrstellung befanden
sich 90 Askari und ungefähr 9 Europäer. Die Feldwache zog sich auf
des Erdwerk zurück. Der Gegner setzte das Maschinengewehrfeuer auf
das Werk fort, ohne Schaden anzurichten. Ich erwiderte das Feuer bei
der grossen Entfernung, etwa 2000 m, nicht. Mit den mir zur Verfügung
stehenden schwachen Kräften, teilweise Rekruten, konnte ich nicht
vorgehen. Nach der etwa 15 Minuten dauernden Beschiessung durch das
Maschinengewehr schwieg das Feuer. Eine Absuchung des Geländes ergab
einen ungeheuren Munitionsaufwand des Gegners. An demselben Tage
vorgetriebene Patrouillen stellten fest, dass der Gegner fluchtartig
unter Zurücklassung vieler Lebensmittel den befestigten Posten Wanga
verlassen und sich nach Majoreni, 20 km nördlich Wanga,
zurückgezogen hatte. Diese zwecklose Beschiessung von Seiten des
Gegners erkläre ich damit, dass ich aus meiner festen Stellung
herausgelockt werden sollte, um mich dann im ungünstigen Vorgelände
zu vernichten. Die Flagge des befestigten Zollhauses liess ich
herunterholen. Erbeutet wurden im Ganzen 3 Flaggen, sowie 200 Sack
Reis, die später von der Anfang September eintreffenden Kompagnie
Methner aus Wanga geholt wurden. Das Zollhaus selbst wurde gesprengt
gez. Oberleutnant
Übersicht über die deutschen und britischen Truppen zu Beginn des Krieges (Quelle: | Sibley, J. R. 1971. Tanganyikan Guerilla: East African Campaign, 1914-1918. New York: Balantine Books.) |
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