Bericht über ein Gefecht am Engito (Lake Natron), 25.9.1914

Der Bericht beschreibt ein weiteres Patrouillengefecht in der Kilimanjaro-Region. Der Führer der deutschen Truppen war Hauptmann Tafel, der im Laufe des Krieges zu einem der wichtigsten Offiziere Lettow-Vorbecks werden sollte. Tafel beklagt, dass die Briten ihr Feuer vor allem auf die deutschen Offiziere gelenkt hätten. Beide Seiten, die Briten als auch die Deutschen, waren in der Tat davon überzeugt, dass vor allem die europäischen Offiziere über Erfolg oder Niederlage entschieden. Das ist auch vielfach in der Forschung kolportiert worden. Ich bin weit davon entfernt, ein Loblied auf die militärischen Leistungen afrikanischer Soldaten als Zeichen ihrer Agency zu singen. Kritisieren kann man diese These aber, weil sie zutiefst kolonialen Vorstellungen entspricht.

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Bericht über das am 25. 9. 14 stattgehabte Gefecht am Engito.

Führer: Hauptmann Tafel.
Gegner: ca. 75 Reiter (meist Engländer und Buren)

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Am 24. 9. 14. 4.00 nachm. Abmarsch des Detachements Tatel nach dem Oldonjo Erok.
Ankunft an der sehr wenig ergiebigen, südwestlichen Erok. Wasserstelle 10.30 nachm. Rast, Wasserentnahme. Weitermarsch am 25. 9. 14. 1.15 vorm. Richtung Engito.
Da die Absicht bestand, am nächsten Tage im Morgengrauen die Wasserstellen des Engito zu nehmen, bezog das Detachement 6.15 vorm., um möglichst ungesehen zu sein, 2 ½ km südlich Engito Lager in einem alten, 5 m tief eingeschnittenen, mit dichten Busch umstandenen Flussbett.
9.10 vorm. griff von Süden her eine im ganzen etwa 75 Reiter starke Abteilung, in der Hauptsache Engländer und Buren, ferner einige wenige Askari die südliche Sicherung der Kompagnie an.
Durch die Schüsse wurde alles sofort alarmiert und besetzte den südlichen Rand des Flussbettes. Es entstand ein lebhaftes Feuergefecht, bei dem auch die beiden Maschinengewehre in Tätigkeit traten. Der rechte Flügelzug der Kompagnie griff sofort den Gegner rechts umfassend an.
Alles ging in kurzen Sprüngen vorwärts.
Nach ständigem Gefecht verstummte allmählich das feindliche Feuer. Der Feind war zurückgeschlagen und floh versprengt eilig.
Der verfolgende 2. Zug der Kompanie, sowie starke vorgetriebene berittene Patrouillen vermochten dem Gegner noch geringen Abbruch zu tun, der im dichten Busch schnell verschwand.
Die einheitliche Leitung der Kompagnie war recht erschwert im Gefecht, da gleich zu Beginn der Führer, sowie der nächstältste Offizier ausfielen und der jetzige vertretende Führer weit rechts vorne
mit seinem Zuge im Gefecht lag. Bei nur flüchtiger Nachsuche im dichten Busch und hohem
Gras wurden auf gegnerischer Seite 19 Tote, Engländer und Buren, gezählt; Verwundete wurden scheinbar mitgenommen.
Erbeutet wurden 21 Reittiere mit Sätteln, 10 Gewehre, 2 Kisten Patronen und sehr viele einzelne Patronen. Wichtige Papiere wurde nicht gefunden.
Der Gegner konzentrierte sein Feuer stark auf die Europäer. Die Europäer und Askari des ganzen Detachements haben sich vorzüglich benommen. Die Stimmung ist in der Truppe ausgezeichnet.
Die Toten wurden an Ort und Stelle beerdigt. Sämtliche Verwundete versorgt und mitgenommen.
Aus Mangel an Trägern und Wasser, schliesslich auch und die Vervundeten abzutransportieren, trat das Detachement um 12.30 nachm, den Rückmarsck nach dem Longido an, der nach 14-stündigem, wasserlosem Marsch erreicht wurde. Ein Vormarsch auf Kitchwa ya tembo erübrigte sich, da ein überraschendes Auf-

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treten gegen diesen Platz nach diesem Gefecht nicht mehr möglich war.
Die Gegend ist unbewohnt, mit dichtem Dornbusch grösstenteils bestanden, steiniger Boden, wenig Wasser, sodass die Truppe durchaus keine Hilfsquellen bei einem Vormarsch im Lande findet.
gez. Niemeyer
Kapitänleutnant.
I. V. d. H. u. K. F.
gez. Spangenberg

Leutnant

(Quelle: Deutsch-Ostafrika. Kaiserliches Gouvernement, Zusammenstellung Der Berichte Über Die in Den August, September, Oktober 1914 Stattgefundenen Gefechte Der Kaiserlichen Schutztruppe Für Deutsch-Ostafrika,  (Morogoro: Regierungsdruckerei, n.d. [1914]).)


Eine deutsche Kompanie auf dem Marsch

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