Bericht über ein Gefecht am Tsavo-Fluss, 26.9.1914 (Bericht der Patrouille)

Dies ein weiterer Bericht über den Versuch deutscher Truppen, am 26. 9. 1914 weiter auf britisches Territorium vorzudringen. Er beschreibt im Wesentlichen die Aktivität der Patrouillen. Wie schon sein Vorgesetzter Langen vermerkte, hatten die Deutschen es Ende September zunehmend mit indischen Truppen zu tun. Dieses erste größere Aufeinandertreffen mit den Indern war ein sicheres Indiz für eine geplante britische Offensive gegen die deutsche Kolonie. 

Für die Deutschen waren die Inder ein schwer zu berechnende Größe. Daher widmet sich der Bericht in einiger Länge den militärischen Leistungen der Inder. Steinhäuser attestierte ihnen schlechte Schießleistungen und dieses Urteil deckt sich mit denen vieler anderer Offiziere als auch mit dem was wir heute als Historiker wissen. Die indischen Truppen, die im September 1914 in Ostafrika landete, waren höchstens zweite Garnitur. Ursprünglich waren weitaus besser ausgebildete und ausgerüstete Kontingente vom britischen Hauptquartier vorgesehen. Aufgrund ausbleibender Erfolge und Rückschläge in Europa und Vorderasien waren diese aber dorthin verlegt und durch wenig kampfstarke Verbände ersetzt worden. Das betraf bei weitem nicht nur die indischen Soldaten, sondern auch ihre britischen Offiziere. Der Bericht weiß wenig gutes über die Leistungen der britischen Offiziere zu berichten.
Der Angriff der Deutschen auf die britischen Stellungen scheiterte dennoch.

Der Bericht macht dafür vor allem das ungünstige Gelände verantwortlich. Interessant wird der Bericht vor allem im zweiten Teil, wo Steinhäuser, der befehlshabende Offizier der Patrouille , über das Verhalten seiner Leute schreibt. Schon in den Schilderungen des Gefechts wird deutlich, dass die beteiligte Einheiten der Deutschen relativ selbstständig agierten und die Offiziere es als ihre Aufgabe ansahen, auf Entwicklungen soft nach eigenem Ermessen zu reagieren. Das war in der Tat eine der Stärken der Deutschen. Auch die afrikanischen Soldaten handelten oft, ohne einen Befehl abzuwarten. Steinhäuser lobt dementsprechend ihren Einsatzwillen. Voll des Lobes ist er auch über das Verhalten der Munitionsträger, von denen er einigen sogar namentlich erwähnt. Diese Gruppe bleibt in vielen Berichten gesichts- und namenslos. Hier erfahren wir aber, dass die Offiziere sehr wohl über die Herkunft ihrer Träger im Bilde waren. Steinhäuser bezeichnet sie als Männer zweier Jumben (Afrikaner, meist von der Küste, die von den Deutschen als Chiefs eingesetzt worden waren). Das ist ein Indiz dafür, dass die Träger der Deutschen nicht wahllos den Kompagnien zugeteilt worden, sondern in Gruppen entsprechend ihrer Herkunft. Das wiederum spricht für ein Forstbestehen lokaler Muster selbst unter den Bedingungen deutscher Kasernenhöfe.


Bericht über das am 26.9. 1914 nachmittags stattgehabte Gefecht am Tsavo. Fluss in Gegend Zusammenfluss Loldureisch mtt Tsavo.

Führer des Patrouillenkorps: Oberleutnant d.R. Steinhäuser
Gegner: Etwa 500 Gewehre, Mehrlader, soweit erkannt durchweg indische Truppen, einzelne Somali, verstärkt durch 40-50 Europäer, 3 Maschinengewehre, 1-2 kleinere Geschütze, anscheinend Revolverkanonen und 1 grösseres Geschütz, das in etwa 2 km Entfernung links seitwärts auf einer Höhe aufgestellt war.
Expeditionsbefehl:
Das Patrouillenkorps tritt als Vortrupp an, bildet im Gefecht die rechte Flankendeckung und sichert auf den Rückmarsch als Nachhut.
Bericht
A. Allgemeines.
Am 26. 9. 14 Vorm. ca. 6.10 ertönte aus der Richtung des Lagers der 4. Feldkompagnie anhaltendes starkes Gewehrfeuer. Hauptmann Schulz entschloss sich mit 13. Feldkompagnie und Patrouillenkorps zunächst die 4. Feldkompagnie und die Abteilung v. Bock aufzusuchen, um mit diesen Abteilungen vereint, den Gegner, der in fester Stellung am rechten Tsavoufer, Gegend
Zusammenfluss des Loldureisch mit Tsavo, erkundet war, stark zu beunruhigen, eventuell aus seiner Stellung zu vertreiben. Ein

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Verbleiben in der feindlichen Stellung war von vorneherein nicht beabsichtigt. 7.15 befahl Hauptmann Schulz den Abmarsch. Das Patrouillenkorps trat mit einer vorgesandten Spitze — in Stärke von 1 Vizefeldwebel und 1 Gruppe — als Vortrupp an. Hierauf folgten 1 Zug 13. Feldkompagnie, die 4 Maschinengewehre der 13. Feldkompagnie, sodann der Rest der 13. Feldkompagnie. 8.30 traf das Detachement mit der 4. Feldkompagnie zusammen. Das am Vormittag um 6.10 gehörte Gewehrfeuer klärte sich hier auf als ein Gefecht, das Patrouille Leutnant Götz der 4. Feldkompagnie mit einer feindlichen Patrouille hatte. Das Patrouillenkorps hatte eine Stärke von 22 Europäern, 1 Askari, sowie 15 Rugaruga (Warombo). Es wurden Leutnant Götz mit 20 Askari, ebenso Leutnant Kaufmann mit 20 Askari als Patrouillen gegen den Feind entsandt. Der Patrouille Leutnant Götz war ausserdem noch Leutnant Langen zugeteilt. Gegen 11.50 befahl Hauptmann Schulz den Vormarsch zum Lager der 4. Feldkompagnie am 25. 9. 14, das sich etwa 3 km entfernt von der feindlichen Stellung befand. Hier angelangt — ca. 1.00 nachm. — wurde in der Richtung der entsandten Patrouille anhaltendes starkes Gewehrfeuer gehört. Hauptmann Schulz befahl den Angriff. 4. Feldkompagnie entwickelte sich auf dem rechten Flügel, im Anschluss an diese das Patrouillenkorps, an dieses anschliessend die 13. Feldkompagnie. Gegen 1.15 hörte das Gewehrfeuer auf und stiess ca 1.30 nachm. Patrouillenkorps auf Patrouille Leutnant Götz. Leutnant Götz meldete an Hauptmann Schulz sein Zusammentreffen mit dem Feinde, worauf der Angriff in folgender Weise befohlen wurde. Sämtliche 6 Maschinengewehre sollten zunächst vorgehen, den Feind erschüttern. Alsdann sollte ev. das Lager durch die übrigen Truppen gestürmt werden. Das Patrouillenkorps wurde auf dem linken Flügel vorgesandt, gleichzeitig als Bedeckung für die 2 Maschinengewehre der 4. Feldkompagnie. Beim Vormarsch stiess das Patrouillenkorps auf Patrouille Leutnant Kaufmann, die beim weiteren Vormarsch vor dem Patrouillenkorps verblieb. Es folgten weiter 1 Zug der 4. Feldkompagnie, die 4 Maschinengewehre der 13. Feldkompagnie, alsdann der Rest der 4. und 13. Feldkompagnie.
B. Gefecht.
Etwa 2.25 wurde Befehl zum Vorziehen der Maschinengewehre Kleben. Während dieser Befehl ausgeführt wurde, eröffnete der Feind das Feuer. Dies war 2.30 nachm. Das feindliche Feuer kam

Landschaft in der Kilimanjaro-Region

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zunächst von starken Schützenlinien als Schnellfeuer und von geschlossener Abteilung als Salvenfeuer rechts vom Tsavo her. Das Patrouillenkorps befand sich in Reihenmarsch zu einem Gliede.
Ich liess rechts um machen, wodurch sofort Schützenlinie hergestellt war und das Patrouillenkorps sich so an dem äussersten rechten Flügel befand. Zug Leutnant Kaufmann hatte das gleiche Manöver gemacht und schloss sich an den linken Flügel des Patrouillenkorps an.
Rückwärts Zug Leutnant Kaufmann entfaltete sich Zug Leutnant Carstens der 4. Feldkompagnie. Das Patrouillenkorps stürmte sofort in 3 Sprüngen, ohne zu schiessen, Richtung auf das feindliche Gewehrfeuer, vor. Der erste Sprung betrug etwa 50 m und wurde besonders schwierig durch den dichten Busch und ein Lavafeld, das passiert werden musste. Der zweite und dritte Sprung geschahen über Lavastücke hinweg durch Dornbusch und brachten die Truppe fast an den linken Uferrand des Tsavo. Ein weiteres Vordringen machte der den Uferrand einsäumende etwa 20 m breite, undurchdringliche Dornbusch zur Unmöglichkeit. Die Entfernung des Patrouillenkorps
bis zu den feindlichen Schützen betrug höchstens 40 m. Nachdem ich einsah, dass ein Durchdringen des Dornbusches vor mir unmöglich sei, erbat ich von Hauptmann Schulz, der etwa 15 m seitwärts von mir sich befand, Befehl, durch Umgehung einen Einfall in den linken feindlichen Flügel machen zu dürfen. Die Erlaubnis wurde mir erteilt und versuchte ich den Einfall. Derselbe wurde vom Feinde indessen sofort erkannt und scheiterte hauptsächlich an dem tief eingeschnittenen steil abfallenden Tsavo bezw. dessen Ufern.
Während der ganzen Zeit würde die Truppe mit Salven-, Schnellfeuer- und Maschinengewehrfeuer in einer Weise überschüttet, die kaum zu beschreiben ist. Nach der Länge der feindlichen Schützenlinie, der geschlossenen Abteilung, die Salvenfeuer abgab, schloss ich, dass beim Feinde etwa 500 Gewehre, die dem Geschosse und dem Tone nach, sämtlich Mehrlader, im Gefechte waren.
Nach den Beobachtungen verschiedener Angehöriger des Patrouillenkops verwandte der Feind durchweg indische Truppen, ausserdem einzelne Somali und eine Europäerabteilung, die nach Beobachtungen von einer Seite etwa 30 Mann, von anderer Seite etwa 40 —50 M ann stark gemeldet wurde. Weiter wurde von mir und den Schützen des Patrouillenkorps genau beobachtet 3 feindliche Maschinengew ehre, von denen zwei sich die rechts und links von dem Patrouillenkorps postierten Maschinengewehre zum Ziel erkoren hatten . Das dritte feindliche Maschinengewehr,
sowie 2 kleinere Geschütze, die ich für Revolverkanonen hielt, sandten ihre Geschossgarben nach unserem linken Flügel zu. Weiter beobachtete ich 3 Schüsse, die von einem grösseren Geschütz herrührten, das anscheinend in einer anderen Stelle etwas links seitwärts auf einer Höhe ca. 2 km entfernt postiert war. Diese 3 Schüsse schienen mir zu kurz gegangen, zu sein

Eine deutsche Patrouille

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Den Befehl zum Feuer gab ich erst, nachdem ich einsah, dass ein weiteres Vorwärtsdringen zunächst nicht möglich war und genau die Richtung erkannt hatte, von wo die feindlichen Geschossgarben, insbesondere das Maschinengewehrfeuer, herkamen. Ich selbst sowie das Gros des Patrouillenkorps konnten trotz der Nähe die feindlichen Schützen nicht sehen (wie sich später herausstellte, waren dieselben in befestigter Stellung hinter Erd- und Lavasteinaufwürfen untergebracht). Aus diesem Grunde wurden vom Patrouillenkorps, das nur über eine beschränkte Anzahl von Patronen verfügt, verhältnismässig sehr wenig Schüsse abgegeben.
Es wurden insgesamt vom Patrouillenkorps verfeuert: 76 Patronen M. 98 und 10 Patronen M 71.
Gegen brach Hauptmann Schulz das Gefecht ab, wohl in der Erkenntnis, dass bei der vorgerückten Tageszeit, mit den zur Verfügung gewesenen Truppen, bei dem äusserst schwierigen und ungünstigen Gelände, eine Erstürmung der feindlichen Stellung nicht möglich war, und erteilte den Befehl zum Rückmarsch. Dem Patrouillenkorps übertrug Hauptmann Schulz die Sicherung der abrückenden Truppe. Das Patrouillenkorps blieb feuernd in der Gefechtslinie liegen, bis die übrigen Truppen abgerückt und die rechts und links vom Patrouillenkorps postierten Maschinengewehre ausser Sehweite gebracht worden waren. Die beim Patrouillenkorps liegenden Verwundeten Feldwebel Reinhard und Reservist Fromm wurden geborgen, alsdann zog ich mich mit dem noch vorhandenen Rest des Patrouillenkorps aus der Gefechtslinie zurück. Etwa 150 m vom Tsavo entfernt hörte das feindliche Feuer auf, ich machte Halt, verband zunächst den Verwundeten Feldwebel Reinhardt (Fromm war bereits mit den abmarschierten Truppen weitergebracht) und liess diesen mit einem Begleitkommando fortbringen, ich selbst verblieb mit dem Rest des Patrouillenkorps an Ort und Stelle, um etwaige Versprengte zu simmein. sowie um die abmarschierten Truppen zu sichern.
Gegen 6 nachm, traf Leutnant Kaufmann mit seinem Zuge bei mir ein. Kurz hierauf kam Leutnant Olt von der 13. Feldkompagnie, der den Auftrag hatte, nach einem Maschinengewehr zu forschen, das noch nicht eingetroffen war. Er bat zu diesem Vorhaben um ein Begleitkommando. Leutnant Kaufmann bestimmte ein solches aus seiner Truppe. Um etwaigen Eventualitäten vorzubeugen, entschloss ich mich mit Leutnant Kaufmann, dessen Askari und den vorhandenen Europäern des Patrouillenkorps in Schützenlinie nach dem Gefechtsfelde wieder vorzugehen, um nach dem Maschinengewehr zu suchen. Nach kurzem Vorgehen kamen uns Askari mit dem Maschinengewehr entgegen, worauf wir wieder zurückgingen und sammelten, um Patrouille des Leutnants Ott hatte ebenfalls die Askari mit dem vermissten Maschinengewehre gesichtet und marschierte wieder ab.

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Leutnant Kaufmann stellte ich nun ebenfalls anheim, mit seinen Leuten abzumarschieren, was dieser auch tat. Ich selbst verblieb mit meinen Leuten noch eine Weile an Ort und Stelle. Gegen ½ 7 traf Leutnant Götz mit einigen aufgesammelten Versprengten der 4. und 13. Feldkompagnie bei mir ein und meldete, dass keine Truppen mehr auf dem Gefechtsfelde seien. Ich gab nun für die Nachhut den Befehl zum Rückmarsch. Gegen 7 Uhr kamen wir im Lager der 4. Feldkompagnie vom 25. 9. an, wo selbst wir durch Erschöpfung verschiedener Askari gezwungen wurden, eine Rast zu machen. Wählend der Rast kamen andere Askari, die einen seitlichen Weg vom Gefechtsfeld eingeschlagen hatten, mit der Meldung an, Assistenzarzt Dr. Hauer befinde sich noch mit dem verwundeten Feldwebel Röhrig rückwärts. Ich entsandte als Begleitkommando für den Arzt und den Verwundeten 1 Schausch und 8 Mann. Nach Abmarsch dieses Kommandos kam der Kriegsfreiwillige Schenk vom Detachement v. Bock bei uns an und meldete, dass Assistenzarzt Dr. Hauer mit dem verwundeten Feldwebel Röhrig in Belebung von Leutnant Langen auf einem anderen Wege bereits nach dem Lager sich in Marsch befände. Ich trat nunmehr den Rückmarsch zum Lager Schulz an, woselbst ich mit Leutnant Gölz und dem Rest des Patrouillenkorps, sowie den aufgesammelten versprengten Askari, gegen 9.15 nachm. ankam. Nach Abmarsch vom Gefechtsfelde blieb das Patrouillenkorps unbeschossen. Anscheinend unterliess der Feind nach dem linken Tsavoufer zunächst jegliche Verfolgung; selbst Patrouillen wurden hier beim Rückmarsch nicht gespürt.
Den Munitionsverbrauch beim Feinde schätze ich insgesamt auf etwa 8 — 10000 Patronen.
Der geringe Schuss-Erfolg des Feindes ist meines gehorsamen Dafürhaltens auf Folgendes zurückzuführen:
1. Es waren unsere Schützenlinien bei grosser Front recht dünn und boten daher besonders für das Salvenfeuer ein sehr schlechtes Ziel bei dem dichten Busch.
2. Der Feind schoss durchweg zu hoch, wohl infolge des Umstandes, dass unsere Truppen so sehr nahe an ihm herangekommen waren und das gegnerische Ufer, noch erhöht durch den Aufwurf des Schützengrabens, das linke Ufer um 2. stellenweise 3 m überragte, sodass angenommen werden muss, dass unsere Truppen für den Gegner vielfach im einem toten Winkel lagen.
3. Es hatte den Anschein, dass der Gegner vielfach kein direktes Ziel sah, sondern nur nach der Richtung des von unseren Truppen verursachten Geräusches schoss.

Deutsche Truppen am Kilimanjaro

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C. Einzelheiten aus dem Gefecht.
I. Das 1. auf dem rechten Flügel des Patrouillenkorps postierte Maschinengewehr wurde bedient durch Feldwebel Reinhardt und Unteroffizier Simoneit, das 2. auf dem linken Flügel
des Patrouillenkorps postierte durch Sergeant Thiel. Beide Maschinengewehre waren zur rechten Zeit in Stellung. Maschinengewehr l — Reinhardt — nahm sofort das Feuer auf, Richtung auf die feindlichen Maschinengewehre. Maschinengewehr II kam anscheinend infolge Ladehemmung nicht zum Feuern. Nach einer Weile begab sich Reinhardt, nachdem er sein Maschinengewehr an Simoneit übergeben hatte, im dichtesten Geschossregen an Maschinengewehr II, um die Ladehemmung zu beheben, dies gelang anscheinend nicht. Reinhardt begab sich wieder zu seinem Maschinengewehre zurück und erhielt hierbei einen Schuss in den Oberschenkel, der ihn gefechtsunfähig machte. Nach Abbruch des Gefechts fand ich Reinhardt noch innerhalb der Gefechtslinie alleine daliegen. Ich rief den mir zunächst befindlichen Reservisten Schütze an, mir zu helfen, Reinhardt wegzubringen. Schütze leistete dieser Aufforderung trotz des heftigsten Geschossregens sofort Folge und half mir Reinhardt fortzubringen. Mit Schütze deckte ich alsdann den Transport des Verwundeten. Nachdem wir ausser Schussweite waren, verband ich den Verwundeten und liess ihn mit Askaris vom Zug Kaufmann und einigen Europäern des Patrouillenkorps, die inzwischen herangekommen waren, nach dem Lager Schulz zu abbringen. Gleichzeitig wurde zurückgesandt ein verwundeter Träger der 4. Feldkompagnie. Besonders lobend zu erwähnen ist während des Gefechts das ruhige, besonnene und mutige Benehmen, das Feldwebel Reinhardt zeigte, der unbekümmert um den heftigen feindlichen Geschossregen von einem Maschinengewehr zu anderen ging, um dasselbe in Ordnung zu bringen. Tadellos benommen hat sich auch der Reservist Schütze beim Transport des verwundeten Feldwebels Reinhardt. Ohne Schütze wäre es mir nicht möglich gewesen, Reinhardt in Sicherheit zu bringen.
2. Beim Maschinengewehr II (Thiel) sind wegen ihres guten Betragens im Gefecht zu erwähnen die Träger der Maschinengewehrmunition. Die Leute brachten unverzagt die Munition im heftigsten feindlichen Gewehrfeuer von einem Maschinengewehre zum anderen und zurück. Es war eine Freude zu beobachten, wie diese Leute, unbekümmert um die feindlichen Geschosse, ruhigen, sicheren Schrittes die Munition vorbrachten, in gleicher Weise benahmen sich die beiden Munitionsträger des Patrouillenkorps. die dem Betschausch Ibrahim beigegeben waren. Der
Betschausch mit den beiden Leuten führte jeden ihm wegen des

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Munitionstransports gegebenen Befehl trotz des heftigsten Gewehrfeuers unverzüglich aus. Einmal musste er, da er die Lasten zu weit vorgebracht hatte, dieselben etwa 200 m durch dichtesten Geschossregen wieder zurückbringen. Die beiden Träger, die meines gehorsamen Dafürhaltens eine besondere Belohnung verdient haben, heissen: Mohamadi bin Mkassi, Mann des Jumben Kapesseru, Kisakki und Salim bin Kidegera vom Jumben Mbessa.
3. Wegen ausgezeichneten Verhaltens erwähne ich weiter: den Boy des Unterzeichneten, Sahani. Als der Reservist Front den Gcsässschuss erhalten hatte, kroch er einige Schritte zurück. Der Boy Sahani, der als mein Waffenträger direkt hinter mir lag, begab sich, ohne erst meinen Befehl abzuwarten, zu From, nahm dessen Gewehr und Patronentaschen an sich und führte From, der sich auf Sahani stützte, aus ihr vordersten Feuerlinie unter heftigem, feindlichem Feuer heraus
Nach einer Weile gesellten sich alsdann noch mehrere Europäer zu From, die diesen nun zurück zum Lager Schulz transportierten,
4. Beim Patrouillenkorps am weitesten vor befanden sich Unteroffizier d L. I Klein und Gefreiter d. L. I Fabian mit der Absicht, den Tsavo zu durchwaten und in die feindliche Stellung einzubrechen. Am Tsavo angekommen, erkannten beide, dass der Fluss zu tief und das gegnerische Ufer zu steil sei, um ihre Absicht auszuführen. Das gegnerische Ufer war an dieser Steife etwa 7 m hoch und überragte das unsrige etwa um 2 m. Klein und Fabian wurden alsbald vom Gegner erkannt und heftig beschossen. Sie suchten Deckung hinter Bäumen am Flussbette. Wie das Feuer schwieg, kletterten beide am diesseitigen Ufer wieder hoch und bemerkten nun, dass das Gefecht abgebrochen und ihre Abteilung bereits abgerückt war. Beide zogen sich jetzt auch zurück, wobei sie bis zu einer Entfernung von 80 m vom Flusse her noch beschossen wurden. Beim weiteren Rückmarsch stiessen beide auf einen Askari namens Hamiss I der 4 Feldkompagnie, der durch einen Oberschenkelschuss so schwer verletzt war, dass er sich nicht mehr fortbewegen konnte. Während sie sich um den Askari bemühten, tauchte in 30 -40 m Entfernung eine feindliche Patrouille, ca. 10 11 Mann stark, darunter nach den gesehenen Tropenhüten zu urteilen, ca. 4 Europäer, die so heftiges Feuer abgab, dass Klein und Fabian den Verwundeten nicht mitnehmen konnten. Der Verwundete sah dies ein und bat wenigstens sein Gewehr mitzunehmen, damit dieses nicht in Feindeshand komme. Dies geschah, das Gewehr wurde der 4. Feldkompagnie abgeliefert.
In der Nähe der vorerwähnten Patrouille spürten Klein und Fabian eine zweite, die anscheinend das Gefechtsield nach Verwundeten und Toten absuchte, was aus der Unterhaltung entnommen wurde
Es waren ungefähr 4 Engländer, die einzelnen von einander getrennt

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einhergingen und sich gegenseitig in gutem Englisch unterhielten. Diese Patrouille feuerte nicht. Oie erste Patrouille verfolgte Kleine und Fabian eine Weile und blieb dann zurück. Auf dem Weitermarsch schlugen Klein und Fabian die Richtung nach dem Lager der 4. Feldkompagnie ein; eine halbe Stunde vom feindlichen Lager entfernt, sahen sie auf einem Lavahügel eine feindliche Abteilung, ungefähr 20 Mann stark, nach den gesehenen Kopfbedeckungen – Turbanen – Inder, geführt von einem Europäer.
Klein und Fabian wurden durch Trillerpfeife angepfiffen, (2 X kurz und I X lang) (dies ist das Erkennungszeichen der englischen Truppen untereinander), worauf sie sich in den dichten Busch am Tsavo zurückzogen. Beschossen wurden sie hierbei nicht. Nach einer weiteren ½ Stunde Marsch am linken Tsavoufer stiessen sie auf eine andere feindliche Patrouille, die im dichten Busch versteckt, auf gleiche Weise wie obenerwähnt anpfiff. Als kein Gegenpfiff erfolgte, schickten sich 5 Mann dieser Patrouille an, Klein und Fabian zu verfolgen. Es waren dies der Sprache und den Kopfbedeckungen nach ein Europäer und 4 Inder. Der Europäer rief Klein und Fabian an, worauf diese den Tsavo durchwateten. Fabian, der das Gewehr des Hamiss I trug, kletterte am Ufer hoch, hinter ihm Klein. Als die Patrouille am linken Ufer erschien, verhielten sich Klein und Fabian ruhig und machten sich schussfertig. Es war bereits Nacht geworden, etwa 8 Uhr nachts, bei Mondscheinlicht. Vorne am Uferrand erschien der Europäer. Klein schoss auf ihn, er taumelte getroffen, fiel um, der Hut rollte ihm vom Kopfe in den Fluss. Klein und Fabian schossen nun auf den zunächst auftauchenden Inder, der ebenfalls getroffen wurde, sich nicht mehr aufrichten konnte, sondern nunmehr einige Schritte zurückkroch und liegen blieb. Hierauf tauchten die 3 anderen Inder auf, auf die Klein und Fabian nun ebenfalls schossen. Von diesen glauben sie ebenfalls noch einen erschossen zu haben, weil sie nur zwei weglaufen sahen. Auf dem Weitermarsch wurden beide nochmals von einer ca. 7 Mann starken Patrouille verfolgt, aber nicht beschossen, da es schon vollständig dunkel geworden war.
5. Gefreiter d. S. II Schache war auf dem linken Flügel des Patrouillenkorps beim letzten Sprunge weit vor die Abteilung, etwa 10 m vom Tsavo entfernt, gekommen. Er konnte am gegnerischen Ufer eine Abteilung Inder beobachten, die er etwa 100 Mann stark hielt, aufgestellt in 2 Gliedern, vorderstes Glied niedergekniet, hinteres Glied beim Schiessen knieend, befehligt von 3 Europäern in Offizieruniform und ein Inder (anscheinend ein Effendi). Diese Abteilung gab andauernd Salven ab. Schache gibt an, den einen engl. Offizier, der anscheinend der Hauptbefehlshaber der Abteilung war, und den indischen Effendi erschossen zu haben. Der englische Offizier, der kein Gewehr,

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sondern eine Reitpeitsche, mit der er Zeichen gab, in der Hand hatte, fiel nach Schaches Meldung sofort nach dem Schuss um wider einen Baumstamm ohne sich nochmals aufzurichten. Der Inder fiel auf den Schuss hin in sich zusammen und kam ebenfalls nicht wieder hoch. Die Entfernung bis zur englischen Abteilung schützt Schache auf höchstens 35 m. 12 m vom Uferrand entfernt beobachtete Schache in einer Länge, soweit sein Gesichtsfeld reichte, einen etwa 50 cm hohen Erd- oder Lavasteinaufwurf, der sich das gegnerische Ufer entlang zog. Schache war soweit vorgekrochen, dass von rückwärts die Geschosse d er eigenen Abteilung an ihm vorbeisausten. Er kroch in einem Bogen etwas zurück und kam so zum Zuge Leutnant Kaufmann, bei dessen Abteilung er bis zum Schlüsse des Gefechtes verblieb.
gez. Steinhäuser, Oberleutnant d. R. 48,

Führer des Patronillenkorps.

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