Beide Berichte über eine nochmalige Aufklärungspatrouille am Tsavo bringen wenig neues. Die Deutschen befürchteten offenbar starke feindliche Truppenkonzentrationen und eine nachfolgende Offensive der Briten in der Region. Diese Befürchtungen sollten sich kaum zwei Wochen später bestätigen, als britische Verbände eine großangelegte Offensive auf deutsche Stellungen am Longido begannen. Britische Hoffnungen auf ein Moment der Überraschung entsprachen schon Ende Oktober kaum dem Kenntnisstand der Deutschen. Der Angriff Anfang November wurde zu einem Fisko für die Briten.
Der zweite Bericht gibt zumindest einen interessanten Einblick in die Rolle der ruga-ruga (afrikansiche Krieger) bei den deutschen Truppen. Wie auch in anderen Berichten deutlich wird, erfüllten die ruga-ruga kaum die Hoffnungen der Deutschen auf eine Verstärkung ihrer Truppen. Mit der Flucht der ruga-ruga bei einem Angriff auf das Lager der Patrouille war das ganze Unternehmen zum Scheitern verurteilt.
Bericht über die Offizierpatrouille Goetz vom 18.-20. 10. 14.
Auftrag:
Nähere Erkundung der feindlichen Stellung am Tsavo, besonders der
rückwärtigen Teile.
Am 18. 10. 14 11.00 vorm, marschierte ich in
Stärke von 3 Chargen, 20 Askaris und 9 Kompagnieträgern sowie von 3
Europäern des Patrouillenkorps entlang dem Savan ab. Nach
6-ständigem Marsch liess ich 5.00 nachm. ein Lager schlagen; am 19.
10. 5.00 vorm, marschierte ich weiter mitten durch den Busch hindurch
in Richtung auf die hinter dem feindlichen Lager hohen, weithin
sichtbaren Berge; 8.15 vorm. gelangte ich an den Savan, meiner
Schätzung nach noch 1 ½ — 2 Stunden von der feindlichen Stellung
entfernt. Hier liess ich die Europäer- und Askariverpflegung
ungefähr 200 m in den Busch hineintragen, 1 Charge und die mit
Gewehren bewaffneten Kompagnieträger unter Aufsicht des
Vizefeldwebels d. R. Jörger des Patrouillenkorps zurück mit dem
Befehl, sich vollständig ruhig zu verhalten und sich bei einem
Angriff sofort auf das allen Leuten bekannte verschanzte Lager des
Hauptmann Kodiert zurückzuziehen. Ich selbst ging 9.20 vorm, mit
allen Askaris in Richtung auf das feindliche Lager zu, sichtete
dieses 10.00 vorm., schlug einen grossen Bogen, und kam um 11.00
vorm, näher an die feindliche Stellung heran, worauf ich eine
photographische Aufnahme machte. Bei weiterem Vorgehen wurde ich
plötzlich von einem feindlichen, im Busch aufgestellten Doppelposten
auf ungefähr 30 m beschossen, jedoch ohne Erfolg. Ich liess sofort
hinlegen, das Feuer jedoch nicht erwidern; gleichzeitig hörte ich
Kommandos und Lärm aus der englischen Stellung und bemerkte die
Besetzung derselben. Da ich ersah, dass eine weitere Erkundung
infolge dieses Alarms heute nicht mehr ungestört vor sich gehen
konnte, da ich ausserdem zu meinen Lasten zurückkehren und einen
Lagerplatz noch suchen musste, ging ich 1.00 nachm. zurück. 2.00
nachm. hörte ich kurzes, lebhaftes Schiessen aus Richtung der
Gegend, wo ich Vizefeldwebel Jörger zurückgelassen hatte. Ich liess
den Marsch beschleunigen, und sichtete alsbald einen Europäer mit
einer Abteilung Askaris. Da weder ich noch die Askaris ausmachen
konnten, ob dies eine gegnerische Patrouille oder meine
zurückgelassenen Träger sind, dasselbe aber auch auf Seiten der
anderen Abteilung der Fall war, liess ich den Tarbusch schwenken, ein
Zeichen, was von drüben erwidert wurde; da ich jedoch immer
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noch Zweifel hatte,
gab ich mit der Pfeife das englische Signal (kurz, kurz, lang),
worauf alsbald auf der anderen Seite hinter dem Europäer gesammelt
wurde. Jetzt erkannte ich mit Fernglas das rote Band auf Tropenhelm
und Tarbusch und eröffnete das Feuer auf ungefähr 400 m, das
allmählich erwidert wurde; während des Feuers liess ich nach rechts
springen, um aus dem Flussbogen herauszukommen, wobei Askari
Kasimbaya einen Fleischschuss in das Bein bekam. Verluste waren
infolge des hohen Grases beim Gegner nicht zu erkennen. Nach 20
Minuten verstummte das Feuer des Gegners, ich rückte in die Nähe
meiner Lasten vor, die ich dann vorfand, jedoch aufgebrochen. Der
dort zurückgelassene Vizefeldwebel Jörger war von einer 25 Mann
starken feindlichen Patrouille angegriffen worden, musste ohne Lasten
zurückgehen, die der Gegner mit sich nehmen wollte, jedoch durch
meine vorzeitige Rückkehr gestört wurde. Es fehlten die
Kochgeschirre, Zelte und Teile der Europäerverpflegung. Mangels
Kochgeschirre war die Verpflegung der Truppe nicht mehr möglich;
auch schien eine weitere Erkundung nach diesem Gefecht aussichtslos,
weswegen 350 nachm. der Rückmarsch angetreten wurde. Der
Verwundetentransport machte 6.16 abends das Aufschlagen des Lagers
notwendig; zu gleicher Zeit wurde anhaltendes Gewehrfeuer aus
Richtung des feindlichen Lagers gehört. Gründe hierzu konnte ich
mir nicht erklären.
gez. Goetz,
Leutnant.
Bericht des Vizefeldwebels Jörger über seine Tätigkeit bei vorgenannter Patrouille.
Um 9.30 vorm,
erhielt ich von Herrn Leutnant Götz den Befehl mit:
1 Schausch,
9 Ruga-Ruga,
2 Boys,
1 Mdschagga
im Buch versteckt
mit 9 Lasten zur Bewachung zurückzubleiben.
Um l.30 nachm., als
ich wieder den Posten, der ungefähr 30 m vom Lagerplatz und 80 m von
dem zum englischen Lager führenden Weg aufgestellt war, ablösen
lassen wollte, sah ich auf der dem Fluss abgewendeten mit dichtem
Busch bewachsenen Bergseite, auf etwa 80 m eine feindliche Patrouille
aus dem Dickicht auf tauchen. Stärke der feindlichen Patrouille: 1
Europäer, ca. 20 schwarze Askari. Der Feind eröffnete aus dem Busch
sofort lebhaftestes Schützenfeuer, das von mir und dem Schausch
erwidert wurde. Bei meinem 2. Schuss sah ich deutlich einen
feindlichen
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Askari
zusnmmenbrachen, während der Rest der feindlichen Patrouille «egen
uns vorsprang und bereits auf allernächste Entfernung (ungefähr 50
m) an uns herangekommen war. Da ich mich mit den zu meiner Verfügung
stehenden beiden Gewehren, (die Ruga-Rugas schossen nicht, sondern
waren bereits zum Teil gegen den Fluss zu weggelaufen ohne die Lasten
mitzunehmen) bei den Listen nicht mehr halten konnte, befahl ich dem
Schausch ebenfalls gegen den Fluss zurückzugehen. Es folgten mir
noch zwei Ruga-Ruga, der Rest dem Schausch. Auf dem Weg zum Fluss
feuerte ich noch 2 bis 3 mal auf Gegner. Mein Rückzug erfolgte gegen
den Fluss und nicht in der von Herrn Leutnant Götz befohlenen
Rückzugslinie, da der Feind direkt aus dieser Richtung angriff. Ich
überschritt nun den Sawan, da das gegenüberliegende Ufer etwas
erhöht war und bessere Uebersicht und besseres Schussfeld versprach.
Auf dem linken Savan-Ufer angelangt fielen in meinem Rücken 4 bis 5
Schuss, die von einer zweiten feindlichen Patrouille herrührten, die
ungefähr die gleiche Stärke wie die erste Patrouille hatte. Die
Gefährlichkeit unserer Lage, die eine Mitnahme der Listen
verhinderte, geht aus der unmittelbaren Nähe des Gegners hervor und
aus dem Umstand, dass die Ruga-Ruga überhaupt nicht Stand hielten,
der Feind daher sein ganzes Feuer auf mich und den Schausch
konzentrieren konnte; ein Geschoss ging durch meinen Tropenhelm und
riss mir diesen herunter. Von der zweiten feindlichen Patrouille
wurde ich dann noch ungefähr 30 Minuten flusswärts verfolgt und
wandte mich nach dem die Verfolgung aufgehört hatte, durch den Busch
gegen das alte Lager der 4. Feldkompagnie am Sawan.
gez. Joerger,
Vizeíeldwebel d. R
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