Die 10 größten Mythen über den Krieg in Ostafrika
Bis heute ist der
Krieg in Ostafrika von Mythen und Legenden umwoben. Das ist vor allem
unserem Unwissen über die Ereignisse in Ostafrika geschuldet. Wer
über Ostafrika schreibt, hat nur sehr wenige Quellen zur Verfügung,
vor allem fehlen Zeitzeugenberichte von Afrikanern. Wie kaum in einem
Krieg vorher haben Erinnerungen von Kombattanten und Zivilisten unser
Bild von den Ereignissen des Ersten Weltkrieges geprägt. Insofern
war der Erste Weltkrieg der erste „demokratische“ Krieg, in dem
nicht nur die Sichtweisen der Generäle und Politiker, sondern auch
vieler einfacher Leute ihren Weg in die Erinnerungskulturen fanden.
In Ostafrika haben dagegen die Memoiren der Offiziere lange die
Geschichte dominiert. Lettow-Vorbecks „Heia safari“ oder Richard
Meinertzhagens „Kenya Diary“ waren Jahrzehnte lang die
wichtigsten Quellen für den Krieg in Afrika. Beide waren Besteller
in den zwanziger Jahren. Paul von Lettow-Vorbeck war der Kommandeur
der deutschen Truppen in Ostafrika. Als er 1919 aus der britischen
Kriegsgefangenschaft nach Berlin kam, wurde er von den Berliner als
„Held von Ostafrika“ euphorisch begrüßt. Nach dem verlorenen
Krieg brauchten die Deutschen einen Helden und Lettow-Vorbeck
lieferte ihnen diesen Helden. Richard Meinertzhagen war Chef des
britischen Geheimdienstes. Er war bekannt für seine beißende Kritik
an der britischen Kriegsführung in Ostafrika. Historiker sind aber
heute überzeugt, dass vieles von dem was er schrieb reine Fiktion
war. Nach dem Krieg trafen sich beide Offiziere in Londoner Klubs
und tauschten ihre Erinnerungen aus. Es war der Beginn einer Reihe
von Mythen.
Dies ist nun die
Hitliste der 10 größten Mythen über den Krieg in Ostafrika
Mythos Nr. 1: Der Krieg war ein „ritterlicher“ Krieg
Das ist ein Bild,
dass vor allem Lettow-Vorbeck und die britischen Offiziere nach dem
Krieg in ihren Memoiren gerne kolportierten. Offiziere beider Seiten
hätten sich an die Regeln des Krieges gehalten und auch im Gefecht
sich gegenseitig respektiert. Besonders beliebt: Kam ein Europäer in
Kriegsgefangenschaft wurde er vom Gegner gegen ein Versprechen, sich
nicht mehr am Krieg zu beteiligen, wieder freigelassen. Solche Dinge
kamen durchaus vor, vor allem in der ersten zwei Jahren als der Krieg
noch relativ gemütlich vor sich her plätscherte. Mitte 1916 aber
wurde der Krieg intensiver als britische und belgische Truppen ihre
Offensive gegen die deutsche Kolonie begannen. Spätestens Ende 1916
wurde die Kampfhandlungen immer härter. Scharfschützen machten
regelrecht Jagd auf Offiziere. Verstümmelungen von Gefallenen waren
an der Tagesordnung.
Warum dieser Mythos?
Das hatte vor allem damit zu tun, dass der Krieg in den Kolonien
geführt wurde. Viele Europäer waren besorgt, dass die Afrikaner
nach einem solchen Krieg den Europäern die Rede von der europäischen
Zivilisation nicht mehr abkaufen würden. Um genau dies zu
verhindern, hatten die Europäer 1885 in der Kongoakte eine
Neutralität der Kolonien im Falle eines europäischen Konflikts
vereinbart. Der Krieg hätte nie geführt werden dürfen. Militärs
wie Lettow-Vorbeck oder die britische Admiralität aber setzten sich
darüber hinweg. Nach dem Krieg waren die Kolonialmächte unter
erheblichen Druck seitens der Amerikaner. Präsident Woodrow Wilson
hielt Kolonialreiche für obsolet. Bilder von einem grausamen
Gemetzel der Europäer in Afrika brachten die Kolonialmächte in
Erklärungsnot.
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