Bericht über die Beschießung Bagamoyos durch die HMS Pegasus, 23.8.1914

Der folgende Bericht beschreibt die Beschießung der Hafenstadt Bagamoyo durch den englischen Kreuzer Pegasus. Es war das zweite Bombardement einer deutsch-ostafrikanischen Stadt durch britische Kriegsschiffe. Bereits am 8. August hatte die Royal Navy die Haupstadt der Kolonie Dar es Salaam beschossen. Hier war der Funkturm das primäre Ziel der Briten. Für die Kriegsherren in London stand im August nicht die Eroberung der deutschen Kolonien auf der Tagesordnung. Ihnen ging es vielmehr um die Sicherung der Schiffahrtslinien des Empire. Am 6. August hatte der deustche Kreuzer „Königsberg“ im Golf von Aden ein britisches Handelsschiff versenkt. Die britische Admiralität sah die Hafenstädte und Kommunikationsanlagen in den deutschen Kolonien Afrikas als Stützpunkte für die deutsche Kreuzerflotte an. Wichtigstes Ziel der Briten war es daher im August diese Strukturen zu erobern oder zu zerstören. Paradoxerweise spielten die Kolonien in den strategischen Überlegungen der Marine eine nur untergeordnete Rolle. Keine der deutschen Hafenstädte war als Marinestützpunkt ausgebaut und befestigt worden. Am 7. August überschritten im Westafrika britische Truppen die Grenze zur deutschen Kolonie Togo. Ihr Ziel war der Funkturm in Kamina, der Dreh- und Angelpunkt der deutschen Kommunikation in Afrika. Am 25. August zerstörten die Deutschen den Funkturm angesichts der nahenden Briten.
Die Zerstörung des Funkturms von Dar es Salaam entsprach diesen Zielen der Briten, die Beschießung Bagamoyos allerdings nicht. In der Stadt gab es weder einen Tiefseehafen, der von deutschen Kriegsschiffen genutzt werden konnte, noch einen Funkturm. Gouverneur Schnee hatte die Küstenstädte der Kolonie zu „offenen Städten“ deklariert und mit der britischen Flotte eine Übereinkunft getroffen, dass bei Abzug der deutschen Truppen die Städte an der Küste von der Royal Navy verschont blieben. Lettow-Vorbeck stellte sich diesem Abkommen zunächst nicht entgegen. Er erwartete keine Landung britischer Truppen in Dar es Salam oder Bagamoyo. Er konzentrierte seine Truppen an der Nordgrenze, wo er zur Offensive übergehen wollte.
Wer brach das Abkommen? Der Bericht bestätigt, dass bei Ankunft der Royal Navy deutsche Truppen in Bagamoyo anwesend waren. Chappius, der Führer der Kompanie, verhinderte die Anlandung eines britischen Beibootes, deren Matrosen die Stadt inspizieren wollte. Er widerrief damit eine Entscheidung des zuständigen Zivilbeamten in Bagamoyo, der seine Erlaubnis für die Inspektion bereits gegeben hatte. Offensichtlich hatte sich Chapius vorher bei Lettow-Vorbeck rückversichert, wie er sich zu verhalten habe. Lettow-Vorbeck wollte Verhandlungen vor allem aber eine Landung der Briten in welcher Form auch immer verhindern. Der Bericht illustriert daher sehr genau, wie wenig Kontrolle Schnee über seine Truppen hatte.
Die Briten reagierten auf den Abbruch der Verhandlungen mit der Drohung, die Stadt zu beschießen. Chapius ließ daraufhin die Stadt evakuieren. Das folgende Bombardement verursachte zwar nur wenig Schäden, gab den Deutschen aber Anlass für heftige Beschuldigungen an die Adresse der Briten, sie hätten die Haager Landkriegsordnung gebrochen.



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Gefechtsbericht über die am 23. 8. erfolgte Beschiessung von Bagamoyo.


Am 22.8. traf die 17. Feldkompagnie in Bagamoyo ein. Hierselbst wurde gelagert und am 23. 8. wollte ich mit der Kompagnie am Nachmittage bis über den Ruvu weitermarschieren. Am 23.8. 7 Uhr 30 Morgens zeigte sich eine kleine Rauchwolke auf der See. Beobachtung mit dem Glase ergab einen Dampfer mit 2 Schornsteinen. Gegen 8 Uhr zeigte es sich, dass der Dampfer ein Kriegsschiff wäre, das in der Richtung nach Tanga dampfte. Plötzlich änderte das Schiff seinen Kurs und steuerte auf Bagamoyo. Sofort liess ich die Kompagnie das Lager abbrechen und stellte sie seitlich des Bezirksamtes in einer Mulde auf. Leutnant d. R. Baldamus wurde ans Telephon gesandt, uir mit dem Kommando in Verbindung zu treten. Der Pegasus warf Anker und feuerte einen blinden Schuss ab zum Zeichen, dass er unterhandeln wollte. Daraufhin fuhren der Bezirksamtmann Michels mit dem Assistenten Lichtenstein und dem Fähnrich v. Oertzen als Dolmetscher zum Pegasus hinüber. Da die telephonische Verbindung mit Pugu nicht funktionierte, liess ich telegraphieren und bekam den Befehl, die Verhandlungen abzubrechen und eine Landung mit Waffengewalt zu verhindern. Um 11 Uhr traf die Pinasse des Pegasus mit 2 Booten am Strande ein. Da ich das Telegramm bekommen hatte, „falls Verhandlungen nicht mehr zu verhindern, nur Parlamentär mit verbundenen Augen ans Land lassen,“ winkte ich sofort „Halt“ und befahl den Booten sofort umzukehren. Die Boote waren mit Matrosen ohne Waffen unter Führung eines Kapitän-Leutnants bemannt und hatten vom Bezirksamtmann die Erlaubnis erhalten, Post und Kabel zu besichtigen.

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Um 1 Uhr kam die Pinasse mit einem Boot, sowie das Boot des Bezirksamts zurück und der gleiche Offizier überbrachte die gemachten Verhandlungen. Ich erklärte ihm durch den Dolmetscher v. Oertzen, dass die Verhandlungen ungültig wären und Landungsversuche mit Waffengewalt verhindert werden würden. Der Engländer erklärte hierauf, dass er die Stadt beschiessen würde und gab eine Stunde Frist. Ich erklärte die Frist für zu kurz und verlangte 6 Stunden. Hierauf ging er nicht ein, sondern setzte 1 ½ Stunde Frist fest. Das Hospital und die Mission erklärte er für neutral. Die Jumben hatte ich bereits vorher rufen lassen und ihnen eine voraussichtliche Beschiessung der Stadt vorausgesagt, desgleichen den verheirateten Europäern. Ich befahl die sofortige Räumung der Stadt und sandte Späher nach rechts und links heraus. Dann begab ich mich zur Post und befahl, diese um 2 Uhr zu verlassen und nur oberflächliche Unterbrechungen vorzunehmen. Hierauf begab ich mich zur Kompagnie und sandte 1 Maschinengewehr mit einer Gruppe unter Feldwebel Lange nördlich und das zweite unter Leutnant Frhr. v. Lyncker südlich der Stadt hinaus mit dem Befehl, landende Boote möglichst nahe heranzulassen und dann unter Feuer zu nehmen. Die Kompagnie führte ich südlich der Stadt etwa 1 ¼ km ausser Strichfeuer gedeckt hinter einen Abhang. Zur Kompagnie traten noch der Vermessungsassistent Schuhmacher und der Missionar (Name unbekannt) hinzu. Ich selbst ging mit Leutnant d. R. Baldamus an den Strand um etwaige Bootsbewegungen der Engländer zu beobachten.
Um 2.30 hatte ich auf dem Bezirksamt die deutsche Flagge wieder aufziehen lassen und kurz darauf ertönte der erste Schuss.
Die Engländer feuerten etwa 36 Schuss auf das Bezirksamt, wovon viele zu kurz ins Wasser schlugen. 4 Granaten trafen das Bezirksamt, eine zu kurz gehende das Wissmanndenkmal. Mehrere zu kurz gehende trafen das Haus des Zollassistenten, welches erheblich demoliert wurde, da es sehr leicht gebaut war. Die sonstige Wirkung war äusserst gering. Um 2.50 stellte der Pegasus das Feuer ein und dampfte nach Zanzibar ab. Verluste an Menschenleben waren nicht. Die Kompagnie liess ich mit klingendem Spiel wieder einrücken. Das Verhalten der Bevölkerung war ausgezeichnet.

gez. v. Chappuis Oberleutnant



Bilder von der Beschießung Dar es Salaams. Hier der zerstörte Gouverneurspalast 

Als Reaktion auf die Beschießung der Küstenstädte ließ das Gouvernement Schutzgräben von der lokalen Bevölkerung ausheben. Hier die Arbeiten in Dar es Salaam 





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