Die spätere Karriere Lettow-Vorbecks als Offizier eines Freikorps
ist relativ gut bekannt. Aber auch andere Offiziere der Kolonialtruppen haben
sich in den Wirren der Nachkriegszeit als Freikorpsler einen Namen gemacht. Eher
zufällig bin ich auf Georg Maercker gestoßen, als ich in für einen Aufsatz über
koloniale Militärdoktrin recherchiert habe. Maercker war seit 1888 in Ostafrika. Zunächst im Dienst der
Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft von Karl Peters, dann als Offizier der
von Wissmann geschaffenen Schutztruppe. 1890 ging er nach
Deutsch-Südwestafrika, wo er eine Kompanie befehligte. Er kehrte jedoch ein
Jahr später nach Deutschland zurück und ging auf die preußische
Militärakademie. 1894 wechselte er zum Großen Generalstab. Er dürfte damit zu
den wenigen Kolonialoffizieren gehören, die diesen Karrieresprung geschafft
haben. 1898 finden wir in Kiautschou, wo er einige Zeit bei Vermessungsarbeiten
aushalf. Nach einer kurzen Dienstzeit kehrte er nach deutsch-Südwestafrika
zurück, wo er später an den Kämpfen gegen die Herero und Nama teilnahm. Er
wurde verwundet und kehrte nach Deutschland zurück. 1912 wurde zum Oberstleutnant
befördert und Kommandant auf Borkum.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er an die Ostfront
versetzt. Er ist damit neben Rochus Schmidt der zweite Peters-Mann der an
dieser Front kämpfte. Das ist deshalb interessant, weil laut Vejas Gabriel Liulevicius
hier die Heeresleitung mit ähnlichen Konzepten und Praktiken arbeitete wie die
Kolonialbehörden in Ostafrika.
Bis zum Ende des Krieges diente er wechselweise an der West-und
Ostfront. Er nahm an der Schlacht an der Somme und in Flandern teil. Nach dem
Ende des Krieges gründete er ein Freikorps, dass aber die Ebert-Regierung unterstützte. 1919
war er an der Niederschlagung von Arbeiteraufständen in Berlin, Sachsen und
Thüringen beteiligt.
Die Karrieren der Kolonialoffiziere sind noch weitgehend
unerforscht. Eine solche Forschung kann jedoch die Verbindungen zwischen kolonialer Gewalt
und deutscher Ostpolitik im Ersten und vielleicht auch im Zweiten Weltkrieg
klären zu helfen. Denn die wirklichen Kolonialsehnsüchte der Deutschen lagen
nicht in Afrika und Asien, sondern in Osteuropa. Mich wundert immer noch, warum
Historiker des Zweiten Weltkriegs noch nicht oder kaum die kolonialen
Dimensionen dieser Geschichte aufgearbeitet haben.
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