Bericht über ein Gefecht bei Karonga (Nyassa-See), 9.9.1914

Der Bericht schildert den Vorstoß deutscher Truppen auf britisches Territorium am Nordufer des Nyassa-Sees. Der Angriff endete in einem Fiasko, mit für Ostafrika ungewöhnlich hohen Verlusten. Nahezu das gesamte Offizierskorps fiel oder geriet in Gefangenschaft, vermutlich über ein Dutzend Askari fanden den Tod. Zwei Geschütze und zwei Maschinengewehre gingen verloren. Die Ursachen dieser Niederlage waren mangelnde Aufklärung und das Versagen der Kommunikation zwischen den einzelnen Offizieren und Truppenteilen. Bemerkenswert ist, dass der Kommandeur trotz Warnungen eines afrikanischen Informanten über starke britische Verbände in sein Verderben rannte. Falkenstein aber schlug die Warnung in den Wind, vermutlich wegen seiner Vorurteile gegenüber den Afrikanern. Rassendünkel war in diesem Krieg ein schlechter Ratgeber.
Hervorzuheben ist auch die Zusammensetzung der deutschen Truppen, die neben regulären Einheiten aus immerhin 500 lokalen Kriegern bestanden. Das ist für diesen Kriegsschauplatz ein durchaus typisches Bild, wo die Deutschen und selbst die regulären Soldaten der Schutztruppe nur einen kleinen Teil der Kämpfenden ausmachten.




Gefechtsbericht

über das Gefecht bei Karonga am 9. September 1914.
Am 5. September war die Lage folgendermassen: Die feindlichen Vorposten waren über die Luwira-Linie nach Süden zurück-

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gedrängt. Unsere Vorposten standen am Ssongwe, mit dem 1. Zug und einem Geschütz an der Seeküste, mit 2 Zügen der Kompagnie bei Itete.
Detachement Preetz, ein Geschütz, 3 Europäer, 50 Askari waren mit dem ersten Zuge der Kompagnie an der Küste vereinigt.
Oberleutnant Aumann mit 30 Askari und 500 Wassanugu-Hilfskriegern war von Neu-Langenburg aus im Anmarsch auf Itete. An diesem Tage zerstörte der Gegner mit seinem Dampfer Gwendolin in Altlangenburg die unbesetzte und unverteidigte ehemalige Borna und beschlagnahmte das Holz unseres Dampfers. Vom Gegner war bisher bekannt, dass er die Luwiralinie nordwärts nicht mehr überschritt und dass seine Patrouillen die Flucht ergriffen. Ueber die Stärke des Gegners in Karonga selbst war absolut nichts genaues zu erfahren. Nachdem am 6. Detachement Auman eingetroffen war, ging das Detachement bis Kaporo vor, Europäerlasten nur das Notwendigste mitnehmend und alle Askariboys zurücklassend. Ich befahl für den 8. folgendes:
Das Detachement geht am 8. 9. in 3 Abteilungen an den Luwira vor und zwar Detachement Aumann bis West-Ngerenge, 5. Feldkompagnie, 1 Geschütz, 3 Maschinengewehre bis Kirupura an der Strasse Muaja — Karonga, Detachement Preetz in unseren Stahlbooten bis Luwira-Mündung. Aufklärung durch Europäer-Patrouillen: 5. Feldkompagnie von Rukuru-Mündung bis Strasse West-Ngerenge- Karonga, da wo sie den Fluss schneidet, Detachement Auman von da an einschliesslich bis nach Makunga an der Stevenson-Road. Am Nachmittag des 8. liefen folgende Meldungen ein: Rukuru-Mündung frei vom Feinde, an der Hauptstrasse nördlich des Rukuru eine schwache Abteilung unter einem Europäer, jenseits des Rukuru mehr, wieviel unbekannt. Ausserdem erhielt ich eint Brief, in dem nur einer unserer Sultane die Angaben eines seine aus Karonga entfaufenen Leute mitteilte. Der Mann selbst erschien, widersprach sich öfters, aber gab ungefähr folgendes an: Am Rukuru selber, dicht an der Mündung, an der Hauptstrasse und bei Mafiongo an der Strasse West-Ngerenge- Karonge ständen je eine Abteilung, bestehend aus je 2 Europäern, etwa 50 Askari und je ein Maschinengewehr und ein Geschütz. In Karonga selbst sei die Niederlassung der Firma Ross, Adam von den Engländern zu einer Boma umgewandelt und von 74 Europäern besetzt. Ausserdem seien in Karonga noch 3 Kompagnien Eingeborenen-Truppen mit 2 grossen und 7 kleinen Geschützen. Der Gegner habe Erdarbeiten gemacht (entweder geschanzt oder Minen gelegt) und halte die Niederlassung der Mandara, Africa Lakes Corporation und Residentur-Boma schwach besetzt.

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Da nach den bisherigen Meldungen von einer so grossen Ansammlung von Europäern, wie der Eingeborene berichtete, nichts bekannt war und alle bisher eingegangenen Erkundungen auf schwächere Truppen als 4 Kompagnien schliessen liessen, beschloss ich für den 9.9 eine gewaltsame Erkundung um ungefähr festzustellen. wie stark der Gegner sei. Ich befahl zu diesem Zweck:
Das Detachement geht am 9. an die Rukuru-Linie vor. Detachement Aumann auf der Strasse Wcst-Ngerenge-Karonga, 5. Feldkompagnie Kirupura-Rukuru-Mündung, Detachement Preetz in Booten bis zur Kambwe-Lagune, von da zu Fuss bis zur Rukuru-Mündung. Verbindung der Detachements ist an der grossen Strasse aufzunehmen. Feindliche Vorposten sind dabei zu verjagen. Den Fliehenden ist nachzuhauen. Treffen wir auf Vorstellung des Gegners, wird gestürmt. Vor überlegenen Kräften geht das Detachement hinter die Luwira-Linie zurück. Eintreffen am Rukuru beim frühesten Morgengrauen. Detachement Aumann greift ausserdem mit seinen Wassangu west-südlich herum und zerstört die beiden Telegraphenlinien von Karonga. Die Bagage aller Detachements wird in Kirupura gesammelt, dort zu einer Borna zusammengesetzt und von einer Bedeckung bewacht. Ich marschiere mit der 5. Feldkompagnie.
Der Vormarsch wurde wie befohlen angetreten. Die Kompagnie folgte zuerst der grossen Strasse etwa 1 Stunde lang und durchquerte dann unwegsames, mit dichtem Busch und hohem
Schilf bewachsenes Gelände zwischen See und Strasse, die sich streckenweise bis auf 600 - 700 m dem See nähert. Statt des beabsichtigten frühen Eintreffens war wegen des ungangbaren Geländes die Kompagnie erst um 5.45 an der Flussmündung, wo Preetz bereitstand. Am ganzen Flussufer zogen sich dichte Bananenenhaine entlang und auf der südlichen Seite schlossen sich daran vereinzelte Gehöfte, die in hohem Grase versteckt oder von kleinen Feldern umgeben waren. Von dem mir gemeldeten, durch Abbrennen des Grases freien Gelände bis Karonga hin, war nichts
zu sehen. Nach Aussage aller, der Europäer und Eingeborenen, die Karonga von früher her kannten, sollte sich Karonga selbst auf einem mässigen Hügel befinden und einschliesslich des Postgebäudes aus 4, nicht weit von einander entfernten Niederlassungen bestehen. Die Entfernung von Rukuru bis Karonga war mir auf ungefähr 3 km angegeben worden. Der Fluss selbst, überall durchwatbar, war etwa 30 m breit. Ich befahl:
Detachement Preetz geht auf der nördlichen, die Kompagnie auf der südlichen Seite des Flusses stromauf, rücklings aufklärend vor, um die gemeldeten Vorpostenstellungen von der Flanke aufzurollen. Um 6 Uhr 15 Minuten sah man auf etwa 1000 m die nördlich des Rukuru gestandenen Vorposten auf der grossen Strasse fluchtartig südwärts eilen und eine linke Seitenpatrouille

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meldete Besetzung eines Bananenhaines linker Hand durch den Gegner. Stärke unbekannt. Die Kompagnie nahm nach dorthin die Front in Zugkolonne gedeckt und erhielt Befehl, dagegen aufklärend vorzugehen. Dem Detachement Preetz wurde befohlen sich hinter dem rechten Flügel der Kompagnie gedeckt zu sammeln. Mit Detachement Aumann war noch keine Verbindung hergestellt. In dem Augenblick, als der Kompagnieführer Oberleutnant v. Veltheim dem Zug Kieckhoefer den Auftrag gab, gegen den in den Bananen gemeldeten Gegner vorzugehen, erreichte mich von der etwa 1000 m entfernten See her die Meldung, dass dort zwei Dampfer Truppen landeten. Ich befahl die beiden Geschütz mit Bedeckungsmannschaft an das Seeufer, um die Dampfer unter Feuer zu nehmen und ritt selbst hin, um mich von der Lage zu überzeugen. 2 kleine Dampfer versuchte leer von der Küste wieder fortzukommen und wurde von unseren Geschützen unter Feuer genommen. Als ich zur Kompagnie zurückkehrte, meldete mir Oberleutnant v. Veltheim der Gegner hat stark befestigte Boma in den Bananen besetzt, der 3. Zug hat bereits schwere Verluste, Leutnant Kieckhoefer sei gefallen, der 2. Zug sei links verlängernd vorgegangen. Die Kompagnie hatte 2 Maschinengewehre in die vorderste Linie genommen, die man aber nicht hörte. Vom Detachement Aumann war noch keine Meldung eingelaufen. Detachement Preetz war noch nicht heran. Ich eilte in die vorderste Linie, um mich selbst zu überzeugen und sah folgendes Bild:
Jenseits einer kleinen Bodensenke, die rasiert war, erhoben sich auf 600 m hohe, massive, steinerne Häuser, die von mannshohen Mauern umgeben waren, in denen Schiessscharten eingeschnitten waren. Aus den Häusern und von der Mauer her erhielten wir heftiges, wohlgezieltes Feuer. Der 3. Zug lag auf etwa 500 n der 2. Zug auf 600 m Entfernung im Feuer. Das Maschinengewehr
des 3. Zuges lag ohne Europäer untätig in der Schützenlinie. Das Maschinengewehr des 2. Zuges schwieg, da Feldwebel Graumar gefallen war. Ich warf mich au dem Maschinengewehr des 3. Zuge
nieder und eröffnete mit ihm das Feuer, um unseren Leuten Luft zu verschaffen und befahl dem Oberleutnant v. Veltheim, der wieder rückwärts herankam, den 1. Zug rechts verlängernd vorgehen zu lassen. Der Befehl kam aber nur verstümmelt an den Zug, der Oberleutnant v. Veltheim mit schwerem Oberschenkelschuss zusammengebrochen war. Der Zug schob nur ein, anstatt zu verlängern und bot so dem Gegner ein viel zu dichtes Ziel. Hierbei fiel Unteroffizier d. R. Stein. Mittlerweile war Oberleutnant Aumann herangekommen und hatte selbständig in der linken feindlichen Flanke eingegriffen, wo er aus Schützengräben und von der Boma aus Feuer erhielt. Ich selbst war von unserem rechten Flügel, von wo auf meinen Befehl sprungweise vorgegangen wurde

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nach dem Maschinengewehr des 3. Zuges zurückgelaufen, um unser Vorgehen mit dem Maschinengewehr des 1. Zuges zusammen zu unterstützen. Hierbei wurden neben mir 3 Mann der Bedienungsmannschaften und 2 Träger ausser Gefecht gesetzt und ich selbst von einem Geschoss, das an dem Visier meines Maschinengewehres zersplitterte, im Gesicht und an beiden Augen verletzt. Während mein Boy mich halb besinnungslos zum Verbandplatz schleppte, ist Sergeant Preetz mit seiner Abteilung selbständig vorgegangen, um den Angriff vorzutragen. Unsere Geschütze hatten mittlerweile die beiden Dampfer zerstört und den Schiffsführer des einen gefangen genommen. Eine diesbezügliche Meldung hatte mich nicht erreicht, ebenso wie auch mein Befehl, dass die Geschütze nach beendeter Beschiessung der Dampfer den Angriff auf die Boma unterstützen sollten, nicht angekommen ist, da der Ueberbringer gefallen war. Unser Angriff, der auf eine überraschend stark befestigte und von guten Schützen wohlverteidigte Stellung stiess, brach nun zusammen, musste zusammenbrechen, da er nicht genügend erkundet und vorbereitet war, und da durch das stürmische, allzukühne Vorwärtsdrängen an den Feind zusammen mit dem Aussergefechtsetzen der aktiven Offiziere und des Feldwebels die einheitliche Leitung verloren ging. Als ich auf dem Truppenverbandplatz verbunden wurde, den Oberarzt der Res. Dr. Gothein etwa 800 m nördlich des Gefechtsfeldes in einem Matetehäuschen hergerichtet hatte, erreichte mich die Meldung, dass die Abteilung zurückgehe und ich sah unsere Leute in guter Ordnung ausgeschwärmt zurückkommcn. Ich befahl dem Sergeanten Preetz als dem ältesten, die Abteilung auf dem Wege zurückzuführen, den die Kompagnie gekommen, war, also zwischen Strasse und See, weil ich in diesem Gelände unsere Geschütze vermutete, die von dem Truppenverbandplatz her erneut den Befehl bekommen hatten, zurückzugehen.
Der schwerverwundete Oberleutnant v. Veltheim und Leutnant Kieckhoefer blieben mit einigen anderen schwerverwundeten Askari unter Fürsorge des Arztes auf dem Truppenverbandplatz
zurück, da sie nicht transportfähig waren. Mit diesem Moment setzte der Rückzug der Abteilung ein, der für die Truppe äusserst verhängnisvoll hätte werden müssen, wenn nicht unsere Europäer und Askari durch ihre Aufopferung, Tapferkeit und Disziplin das Schlimmste abgewendet hätten, denn auf diesem Rückzug war es dem Gegner gelungen, voraussichtlich jene Abteilung, die Oberleutnant Aumann auf seinem Vormarsch nicht angetroffen hatte, in unseren Rücken zu dirigieren, sodass die Rückzugsgefechte mit 2 Fronten gekämpft werden mussten.
Während Detachement Aumann, ganz nach Westen ausbiegend, ungefähr nach dorthin zurückging, von wo es gekommen war,

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halte die Kompagnie zunächst nur den nachdrängenden Gegner vom Gefechtsfelde her abzuwehren, bis sie auf die grosse Strasse nach Mtiaja eingebogen war. Dort aber, dicht südlich des Luwira, stellte sich uns der oben angegebene Gegner flankierend und in der Front entgegen, uns mit Maschinengewehr, Geschütz und lebhaften lnfanteriefeuer angreifend. Durch energischen Gegenangriff gelang es, den Gegner zu verjagen, der ausweichend sich nun auf den Nachtrupp stürzte, den ohne meine Kenntnis Oberleutnant v. Veltheim aus den beiden Geschützen mit ihren Bedienungs- und Bedeckungsmannschaften und Europäern gebildet hatte. Entgegen meines Befehls und meiner Annahme waren die Geschütze von ihrer Stellung am Seeufer nach der grossen Strasse marschiert und waren dabei an dem Truppenverbandplatz vorbeigekommen, den nun der Oberarzt Dr. Gothein bis an den Rukuru zurückverlegte. Hierbei hatte der schwerverwundete Oberleutnant v. Veitheim aus den Geschützen mit Bedienungsmannschaft und Bedeckung eine Marschsicherung gebildet und diese Abteilung auf der grossen Strasse angesetzt, wo sie fast eine Stunde lang unbehelligt zurückmarschiert ist. Als nun der uns im Rücken und in der Flanke angreifende Gegner sich auf diese Abteilung stürzte, entwickelte sich dort ein erbitterter Kampf um die Geschütze, dem nach Meldung des einzigen Ueberlebenden, Unteroffizier Friedrich Klein, der die Nachspitze selbst geführt hatte, die sämtlichen Europäer, nämlich: Die Unteroffiziere Walter Klein, Roth, Vizefeuerwerker Mayer und Kriegsfreiwilliger Harnoss zusammen mit dem grössten Teil der Bedeckungsmannschaft zum Opfer fielen. Das eine Geschütz wurde von Eseln, das andere von Trägern gezogen. Die Esel waren erschossen, die Träger zum Teil gefallen oder ausgerissen. Auf diese Weise kam der Feind in den Besitz der Geschütze, die heldenmütig verteidigt worden waren.
Jener Gegner, der diesen Ueberfall ausgeführt hatte, hatte um die Mittagsstunde versucht, unser Lager am Luwira, in dem unsere Lasten zusammengesetzt worden waren, zu nehmen, war aber dann abgezogen als er energisches Feuer der wenigen Bedeckungsmannschäften unter Ersatzreservist Koch erhalten hatte. Mein schriftlicher Befehl, dass die Bagage nach dem Ssongwe zurückzubringen sei, war während unserer Rückzuggefechte glücklich hingelangt und so wurde die ganze Bagage, wenn auch von einzelnen feindlichen Patrouillen bis Kapora durch Feuer belästigt, doch sicher zurückgebracht.
Während der eine Teil der Kompagnie in den an der Luwiramündung befehlsgemäss versteckt gehaltenen Booten zum Ssongwe fuhr, um dort nötigenfalls in dem dort freien Gelände ein weiteres Nachdrängen des Gegners aufzuhalten, führte Sergeant Preetz den anderen Teil zu Fuss am Ufer entlang. Der Gegner drängte aber, nur bis Kaporo nach und liess dann von der Verfolgung ab. Als

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Grund dafür können nur die eigenen schweren Verluste angeführt werden, die unsere brave Truppe ihm zugefügt hat. Das Detachement sammelte sich bei Ipiana und ging am folgenden Tage
nach Masukulu zurück, um sich nach den eigenen schweren Verlusten neu zu rangieren und das Eintreffen des noch am 9. durch Eilboten herbeorderten Oberleutnant Falkenstein abzuwarten.
In Ipiana traf auch Oberleutnant Aumann mit seinem Detachement ein, der in sehr geschicktem und sehr anstrengendem Marsche sein Detachement der weiteren Verfolgung des Gegners
entzogen hatte. Er sowohl wie die Kompagnie beklagen den Verlust je eines Maschinengewehrs, die unbrauchbar gemacht aus der Schützenlinie, bei dem notwendig gewordenen Zurückgehen nicht mehr mitgenommen werden konnten. Bei beiden waren die Bedienungsmannschaften und der grösste Teil der Träger gefallen. Aus einem Brief des englischen Befehlshabers geht hervor,
dass Oberleutnant v. Veltheim und Leutnant Kieckhoefer mit dem verwundeten Arzt in Feindeshand fielen. —
Hierzu berichtet Oberleutnant Falkenstein:
„Der Gefechtsbericht, der nicht unterschrieben ist, wurde von Hauptmann v. Langenn selbst als Entwurf aufgestellt.“
Nach bei sämtlichen Europäern eingezogenen Erkundigungen und nach mündlichen Mitteilungen Hauptmann v. Langenns fügt Falkenstein ergänzend hinzu:
„Als Hauptmann v. Langenn vom See von den Geschützen zur Kompagnie zurückkehrte und von Oberleutnant v. Veltheim die Meldung erhielt, dass der Gegner eine stark befestigte Borna besetzt hielte und bereits starke Verluste unsererseits eingetreten seien, erteilte er an Oberleutnant v. Veltheim den Befehl, am Rukuru mit seinem Zuge eine Aufnahmestellung einzunehmen, damit die Kompagnie das Gefecht abbrechen könne, v. Langenn war ferner der Ansicht, dass die Abteilung Preetz gemäss seinem Befehl noch geschlossen hinter dem rechten Flügel stände, während diese Abteilung, als Hauptmann v. Langenn noch bei den Geschützen war, bereits kurz nach dem Angriff des 3. Zuges (ca. 3—5 Minuten) auf direkten Befehl Oberleutnant v. Veltheims eingesetzt worden war. Oberleutnant v. Veltheim, der anscheinend den Befehl Hauptmann v. Langenns nicht verstanden hat, sandte an diesen, der am Maschinengewehr lag, die schriftliche Anfrage, mit seinem Zuge sofort eingreifen zu dürfen und fast gleichzeitig erschien v. Veltheim persönlich bei Hauptmann v. Langenn, um den gleichen Befehl bittend. Auf v. Langenns Anfrage, wo der Zug Veltheim sei, antwortete v. Veltheim „hier“. In der Annahme, dass der Zug bereits dicht hinter der Schützenlinie angekommen sei, befahl Hauptmann v. Langenn nunmehr das Vorgehen dieses Zuges. Die Geschütze haben während des Gefechts anscheinend längere Zeit untätig verharrt, obwohl die Europäer den Führer

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Vizefeuerwerker Mayer zum Angriff auf Karonga (nach Erledigung des Dampfers) drängten. Dieser glaubte ohne direkten Befehl nicht handeln zu dürfen. Die Verbindung mit der Kompagnie war während des ganzen, etwa 4 stündigen Gefechts, völlig verloren gegangen, obwohl ihm 5 Europäer zur Verfügung standen und die Entfernung (in sehr unübersichtlichem Gelände) nur 800—1000 m betrug, und die Geschütze untätig waren. Den Rückzug trafen die Geschütze, da die Befehle nicht
bezw. verspätet eintrafen, anscheinend, erst 1 Stunde nach der Kompagnie an, dabei lange Zeit in dem Glauben, die Kompagnie noch hinter sich im Gefechtsfelde zu haben.
Der Rückmarsch der Geschütze verzögerte sich, auch durch die Verwundeten, derart, dass der Abstand von der Kompagnie auf ca. 1— 1 ½ Stunden Entfernung anwuchs. Die Nachspitze
der Geschütze blieb selbst wiederum ca. 1000 m zurück. Die feindliche Abteilung, die sich dem Rückzug der Kompagnie vorgelegt hafte, (eventuell eine Verstärkungsabteilung aus Ikawa) hatte
inzwischen Zeit gefunden, sich zu sammeln und griff anscheinend unweit des ersten Ueberfalls dann die Geschütze an, die vernichtet wurden. Augenzeugen der Vernichtung der Geschütze konnten bisher nicht ermittelt werden.
Sämtliche Europäer haben bis zum Tode bei den Geschützen ausgehalten.
Der Kompagnie hat der Gegner zunächst nicht nachgedrängt. Anscheinend hat der Gegner zunächst mit aller Kraft die Geschütze vernichtet und ist dann erst später bis Kapora gefolgt, wo er am
nächsten Morgen eintraf. Ueber die Geschützaffäre und den Verlust der Maschinengewehre werden noch Nachforschungen angestellt und später berichtet werden.
gez. Falkenstein,

Oberleutnant.

(Quelle: Deutsch-Ostafrika. Kaiserliches Gouvernement. n.d. [1914]. Zusammenstellung der Berichte über die in den August, September, Oktober 1914 stattgefundenen Gefechte der Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika. Morogoro: Regierungsdruckerei.)

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