Zwei Berichte über Ereignisse im Westen der Kolonie

Die folgenden zwei Berichte enthalten wenig Interessantes, außer vielleicht dem Hinweis, dass der Krieg Anfang September sich auch in den entfernteren Gegenden etabliert hat. Im Westen der Kolonie verfügten die Deutschen kaum über reguläre Truppen. Im August hatte Lettow-Vorbeck einen Großteil der an die Nordgrenze verlegt. Aber auch Briten und Belgier waren in der Region nicht auf den Krieg vorbereitet. So blieb es bei zufälligen Zusammenstößen und gelegentlichen Vorstöße auf feindliches Territroum. Es war hier eher ein Theater des Krieges, der den beteiligten Europäern das Gefühl gab, ein Teil des Sturmes zu sein, der Europa und die Welt erschütterte. 

In vielen Erinnerungen werden diese ersten Kriegswochen in den Farben exotischer Abenteuer gezeichnet. Der zweite Bericht illustriert das in gewisser Weise. Es sollten diese Episoden sein, die nach dem Krieg dominieren sollten. 





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Auszug aus Telegramm vom 12. 9.14 aus Muansa.

Posten Ikoma meldet soeben am 5. September wurde von Grenzpatrouille Gefreiter Sibken englisches Lager von 5 Europäern und vielen Massai und Wandorobbo überrannt, Feind floh, ein Europäer gefangen nach Ikoma gebracht.

pp. Hauptmann Braunschweig




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Auszug aus einem Bericht des Bezirksamts Neu-Langenburg vom 8. 9. 1914 

pp.
Da in Altlangenburg noch einige Materialien des Dampfers lagerten, hatte ich nach Rücksprache mit Hauptmann v. Langenn den in Mbuju ansässigen Pflanzer Gentner mit dessen Einverständnis beauftragt, alle irgendwie verwendbaren Sachen so zu verstecken, dass sie von den Engländern nicht gefunden werden können.
In Ausführung dieses Auftrages traf Gentner am 5. Sept. 1914  gegen 10 Uhr vormittags in Altlangenburg ein. Bei seiner Ankunft besichtigte er sofort das Magazin, zu dem der wachhabende Baharia den Schlüssel hatte. Er bestellte Leute um evtl. Sachen wegtragen zu können. Während er sich noch in der Boma aufhielt und ehe er das andere verschlossene Magazin aufgebrochen hatte, kam gegen 10 Uhr 45 Min. der englische Dampfer Gwendolin vom Süden her. Er beschoss sofort die Giebelseite der Boma von Westen her. Im ganzen sind von ihm etwa 30 Granaten abgefeuert worden, von denen 8 die Boma trafen. Der angerichtete Schaden ist kaum nennenswert, da nicht eine einzige Granate krepiert ist. Menschen oder Vieh sind nicht verletzt. Nachdem der Dampfer ¾ Stunden still gelegen hatte, landeten 3 Boote, mit 16 Askaris und 3 Engländern. Die Askaris schwärmten aus und suchten die geringe Fläche, die den Ort Altlangenburg bildet, ab. Die Engländer entnahmen den Magazinen einige Materialien wie Lampen, Kochtöpfe, einen Kompass usw. Irgendwelche Sachen von Wert haben die Engländer nicht gefunden, da alle wertvollen Werkzeuge zur Ausbesserung des Dampfers nach Sphinxhafen gebracht waren. Den alten Stahlleichter, den die Katholische Mission in Lituhi kaufen will, aber noch nicht abgeholt hat, haben sie dadurch beschädigt, dass sie durch 8 Askari 2 Salven auf ihn abgeben liessen und 2 Platten abrissen. Das in Altlangenburg lagernde und für den Dampfer nicht mehr verwendbare, fast ganz verfaulte Brennholz steckten sie an. Gentner hatte sich bei Eintreffen des Dampfers mit seinen Sachen und dem Baharia in die Berge zurückgezogen und hat unbemerkt von da aus alles mit angesehen.
pp. Der Kaiserliche Bezirksamtmann
gez. Dr. Stier.

(Quelle: Deutsch-Ostafrika. Kaiserliches Gouvernement. n.d. [1914]. Zusammenstellung der Berichte über die in den August, September, Oktober 1914 stattgefundenen Gefechte der Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika. Morogoro: Regierungsdruckerei).

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