Bericht über ein Patrouillengefecht bei Kikoneni (4.10.1914)

Ein weiterer Bericht über eine Patrouille der Deutschen an der Nordostgrenze der Kolonie. Sie diente der Erkundung britischer Stellungen zwischen Kikoneni und Gazi. Kikoneni lag gute 40 km weit in britischem Territorium. Bis Gazi, einem kleinen Küstenort am Indischen Ozean waren es von hier noch einmal 20 km. Der Patrouille folgte drei Tage später ein breit angelegter Angriff von drei regulären Kompanien auf die erkundeten Stellungen.

In diesen Wochen hatten die Deutschen die Initiative oft in ihrer Hand. Sie drangen tief auf britisches Territorium vor und zwangen die Briten, Verteidigungsstellungen weit hinter ihrer Grenze zu errichten. Selbst mit der Verstärkung durch die indischen Truppen waren sie aber nur wenig in der Lage, den Einfall kleinerer deutscher Verbände zu verhindern.

Der Bericht schildert, wie sich der Führer der Patrouille, Leutnant Baldamus, nach dem Gefecht verirrt. Erst nach mehreren Stunden fand er wieder Anschluss an seine Männer. Solche Vorkommnisse waren nicht selten und waren aus der Sicht der deutschen Offiziere wenig geeignet, ihr Prestige vor den Augen ihrer afrikanischen Soldaten zu heben. Einige Deutsche sahen darin ein Gefahr für die koloniale Ordnung, für die Aufrechterhaltung der kolonialen Hierarchien. So schrieb der Zeitungmsann Artur Heye eine düstere Vision in seinen Erinnerungen aus den ersten Kriegstagen: Ich „...sah schwarze Soldaten, in denen die Urbestie nur ganz leise schlief, sich auf Verwundete und Wehrlose stürzen, sah die Raubtierrudel der Wildnis sich über abendliche Gefechtsfelder an Verwundete und Wehrlose stürzen ... sah Verirrte über die end- und pfadlosen Steppen schwanken und im Sonenbrande der Einöden hinsinken und verschmachten.“ (Heye 1916, 16)




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Bericht über das Patrouillengefecht des Leutnants d. R. Baldamus am Sonntag, den 4. Oktober 1914.


Auftrag: Der Leutnant d. R. Baldamus geht von Kikoneni in Richtung Msambweni-Gasi vor, zur Aufklärung und zur Feststellung, ob die bereits früher von Leutnant Schreiner erkundete Stellung am Mkulumuji-Fluss noch besetzt ist.
Stärke: I Europäer, 9 Askari.

Am Sonnabend, den 3. Oktober 11.00 nachm. brach ich von Kikoneni, woselbst die 17. Kompagnie mittags 12°° eingetroffen war, auf. 5.45 nachm, erreichte ich die Hauptstrasse Majoreni-Gasi und 5.45 nachm. eine Höhe, auf der eine Woche zuvor Leutnant Schreiner mit dem Gegner zusammen gestossen war. Nördlich des Flusses sah ich in einer Entfernung von etwa 1300 m die von Leutnant Schreiner in seinem Bericht erwähnten übereinander liegenden Schützengräben. Bei genauer Betrachtung mit meinem 8 X Trieder erkannte ich, dass es nicht Schützengräben, sondern ein viereckiges Infanteriewerk war, in dem ich trotz längerer Beobachtung keinerlei Bewegung feststellen konnte. Darauf machte ich meine Skizze, liess 2 Askari dort als Rückendeckung zurück, und ging auf der Strasse weiter vor, um den Flussübergang festzustellen. Nach ungefähr 600 m hielt meine Spitze und gab mir ein Zeichen. Bei ihr an

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gekommen, sah ich eine grosse, quer aber den Weg gehende, frischangelegte Mine. Ich gab den Leuten den Auftrag, vorsichtig um dieselbe herumzugehen. Plötzlich legte mein Ombascha nach rechts das Gewehr an und schoss nach kurzem Zielen. Ich sah in höchstens 5 m Entfernung einen englischen Askari auffahren und hinfallen. Im selben Moment erhielten wir von rechts von in allernächster Nähe liegenden, vom hohen Gras völlig verdeckten Schützen sehr starkes Feuer, und ein Engländer rief laut „Jones, close the way on the left hand“. Aus den Schüssen der Engländer sah ich, dass diese 30 m hinter meinen letzten Leuten lagen, und musste daher nun fürchten, eingeschlossen zu werden. Nach einer Salve auf sie liess ich mehrere Male „Hurra" rufen in der Hoffnung, sie wurden nun glauben, es folgen mir noch andere Truppen. Tatsächlich erhob sich beim zweiten „Hurra" höchstens 5 m rechts von uns eine Schützenlinie von etwa 30 schwarzen Askari und lief gebückt nach einem weiter rechts gelegenen Schützengraben zurück. Dabei wurden 2 Askari von dem Ombascha und mir niedergeschossen. Nun gab ich den Befehl über den Fluss zurückzugehen. Als ich am andern Ufer war, sah ich, dass ich allein war. Ich selbst wurde vom Feinde stark beschossen. Es gelang mir noch, einen Engländer, der mich seinen Leuten mit lauten Rufen zeigte, niederzuschießen. Dann versuchte ich, weiter westlich wieder über den Fluss zurückzukommen, was mir vieler Sümpfe wegen erst nach ungefähr 2 Stunden gelang. Gegen 1.00 nachm. kam ich auf meinen Anmarschweg und gegen 2 ½ Uhr traf ich meine Askari wieder, die am Wege auf mich gewartet hatten. Keiner war verwundet oder gefallen. 5.30 nachm. kam ich wieder bei der Kompagnie in Kikoneni an.
Ergebnis der Erkundung: Der Feind hat nördlich des Mkulumujiflusses ein Infanteriewerk, davor, südlich des Flusses, Schützengräben. Die Feldwache hat eine Stärke von 4 Europäern und etwa 30 schwarzen Askari. Die Anmarschstrasse ist durch Minen gesperrt. Stärke des Gegners ist nicht ermittelt.
gez. Baldamus,
Leutnant d. R. 17. Feldkompagnie.

Askari einer deutschen Patrouille

Quellen:
Heye, Artur. Vitani: Kriegs- und Jagderlebnisse in Ostafrika, 1914-1916.  Leipzig: Grunow, 1922.
Deutsch-Ostafrika. Kaiserliches Gouvernement. Zusammenstellung der Berichte über die in den August, September, Oktober 1914 stattgefundenen Gefechte der Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika.  Morogoro: Regierungsdruckerei, n.d. [1914].


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